Ein Schwein als Haustier

Medewitz. „Wir sind fast so etwas, wie ein Gnadenhof“, sagt Sabrina Würzberger aus Medewitz. Auf dem kleinen Hof ihrer Familie findet nämlich alles ein Zuhause, was keiner mehr will. Der Kater ist zugelaufen, ein Kaninchen wurde vor der Tür abgestellt, die französische Bulldogge Mia, ein sogenanntes Scheidungskind, wurde liebevoll aufgenommen. Nur Rüde Balu wurde sozusagen selbst angeschafft. Der vorherige Familienhund war verstorben und es war Staatstrauer im ganzen Haus. Bis Sabrina Würzbergers Ehemann meinte, so ginge das nicht weiter, es müsse ein neuer Hund her. Seit 8 Wochen ist Balu nun bei den Würzbergers zu Hause. Aber ohne die Unterstützung von Mama Carmen Flechsig ginge es nicht, so Sabrina Würzberger, da ihr Mann als Elektriker viel auf Montage ist. Der Berliner musste sich erst an das Landleben gewöhnen, kann es sich aber jetzt gar nicht mehr anders vorstellen. Obwohl der Partyraum für die Tiere weichen musste.

Jüngstes Familienmitglied ist Fredi. Fredi ist die Abkürzung für Frederike und Fredi ist eine kleine Sau, im wahrsten Sinne des Wortes. Hat man sich mit ihr beschäftigt, sieht man meist selbst wie selbige aus. Fredi hat als einzige von 14 Ferkeln eines Wurfes überlebt und wog nur 500 Gramm. Ein Verbleiben bei den 300 kg schweren Sauen war unmöglich. So nahm sich Sabrina Würzberger des kleinen Ferkels an und zog es mit der Flasche groß. „Anfangs war sie oft krank, da dachten wir schon, sie schafft es nicht“, sagte sie. Während die beiden 5 und 2 jährigen Söhne sofort begeistert waren, musste sie bei ihrem Mann etwas mehr Überzeugungsarbeit leisten. Aber nun kann auch er sich das Leben ohne Fredi nicht mehr vorstellen. Inzwischen ist Fredi ein halbes Jahr alt und fühlt sich im wahrsten Sinne des Wortes sauwohl bei den Würzbergers. Mit den beiden Hunden hat sie die kleine Sau angefreundet, sie tollen gemeinsam auf dem Hof umher. Obwohl Fredi zu allem Leidwesen auch fast blind ist. „Die vertraute Umgebung kennt Fredi, aber umstellen darf ich nichts“, so Sabrina Würzberger.

Auch die Kinder hatten von Anfang an keine Berührungsängste, auch wenn Fredi mitunter etwas grob ist. Das bekommen auch Mia und Balu zu spüren, besonders, wenn Frauchen mit dem Beutel Leckerlis kommt. Da schiebt Fredi mit kräftigem Grunzen die beiden schon mal zur Seite als wolle sie sagen: alles meins. Das Thema Schlachten ist derzeit noch keins. Aber irgendwann wird es kommen. Wie die Kinder wohl darauf reagieren werden? „Ich denke, es wird nicht so schlimm“, so Sabrina Würzberger. Da die beiden auf dem Land aufgewachsen sind, wissen sie jetzt schon, wie es langläuft, dass das Schnitzel eben nicht abgepackt aus dem Supermarkt kommt.

Um Futter für die Tiere zu haben, bauen die Würzbergers auf einem kleinen Ackerstück Kartoffeln, Rüben und Mohrrüben an. Sabrina Würzberger sieht in der kleinen Landwirtschaft und den Tieren einen Ausgleich zu ihrem Job. Die 35 jährige arbeitet als Heilereziehungspflegerin mit psychisch Kranken. Im Moment hat sie aber nur einen Wunsch, ein bisschen Regen, damit wenigstens die gepflanzten Sonnenblumen der Kinder wachsen.

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