Benken: Bürgermeisterin für 38 Jahre

Wiesenburg/Mark, Benken. Mit 21 schon Bürgermeisterin sein und das dann gleich für 38 Jahre – das hätte sich Marianne Hagendorf auch nicht träumen lassen. Heute, an ihrem 90. Geburtstag blickt sie zurück auf gute, aber auch schwere Zeiten. Die gelernte Bauzeichnerin wurde in Thüringen geboren, zog dann mit ihren Eltern nach Leipzig. Nachdem die Familie im zweiten Weltkrieg ausgebombt war, gingen sie zurück zu den Großeltern nach Thüringen. Ein Onkel wohnte jedoch in Benken und überredete sie, in den Fläming zu kommen.

„Da lebt es sich leichter als in der Großstadt“, war er jedenfalls der Meinung. Marianne Hagendorf kam dem Wunsch des Onkels nach, zog nach Benken und lernte dort ihre große Liebe kennen. Das Paar bekam 3 Kinder. Inzwischen ist die Familie angewachsen auf sechs Enkel und acht Urenkel. Alle lieben ihre Oma über alles, besuchen sie und auch Marianne Hagendorf ist stolz auf ihre Enkel. Bis vor kurzem nannte sie die Urenkel  ihre sieben Zwerge. Inzwischen sind acht daraus geworden, das jüngste Urenkelchen wurde im vergangenen Dezember geboren.

Als Marianne Hagendorf nach Benken kam, war man dort auf der Suche nach einem neuen Bürgermeister. Der Vorgänger war sehr dem Alkohol zugetan und landete oft mit den Rentengeldern der Einwohner im Straßengraben. So saßen die Einwohner zusammen, überlegten und kamen so auf Marianne Hagendorf. „Die ist neu, die ist jung, das passt schon“, dachte man sich.

Als Marianne Hagendorf 1951 mit ihrer Arbeit begann, war die Zeit nicht leicht. Nun hieß es auch für sie, rauf aufs Fahrrad und die Rentengelder aus Belzig holen.  Viele Bauern verließen bei Nacht und Nebel den Ort und ließen Vieh und Ackerflächen zurück. Also hieß es erst einmal, das Vieh und den Acker zu verteilen. Auch gab es damals keine Wasserleitung im Ort. Nur einen Ziehbrunnen in der Nähe des heutigen Dorfteiches. Zehn Jahre lang kämpfte Marianne Hagendorf gemeinsam mit den Bürgermeistern der umliegenden Orte, dann gab es endlich Wasser aus dem Hahn. „Wir haben alle Arbeiten im Dorf selbst organisiert“, erinnert sich die 90 jährige. So wurden in Eigenleistung das Feuerwehrhaus und die Leichenhalle gebaut. Als eine Straßenbaufirma in der Nähe arbeitete, bat Marianne Hagendorf um die Reste des Asphalts für die Dorfstraße, die Bürgersteige richteten die Einwohner selbst her. „So richtig schief gelaufen ist eigentlich nie etwas, wir haben vorher immer gemeinsam beraten“, sagt sie. Ihr ist es auch zu verdanken, dass die Benkener endlich einen Konsum im Ort bekamen. Anfangs kamen Bäcker, Fleischer und Kolonialwarenhändler noch mit ihren Fahrzeugen ins Dorf. Der erste Konsum war in ihrem eigenen Wohnhaus untergebracht.

Inzwischen genießt Marianne Hagendorf ihr Rentnerleben. Obwohl ihre Augen nicht mehr so gut sind, geht sie regelmäßig zu den Treffen der Rentner und der Volkssolidarität. Da kann sie auf die Hilfe der anderen zählen. Tochter Heidi achtet darauf, dass sie hingeht, damit sie unter Leute kommt. Passt aber auch auf, dass sie sich nicht unnötig in Gefahr begibt. „Wenn es draußen glatt ist, habe ich Stubenarrest“, schmunzelt Marianne Hagendorf. Der Garten ist ihr ein und alles. Früher hatte die Familie selbst eine große Landwirtschaft mit Kühen, Schweinen, Pferden, Schafen und sage und schreibe 200 Kaninchen. Und sie hat die ganze Familie bestrickt. „Das kann ich heute leider nicht mehr“, sagt sie ein wenig traurig.

Eigentlich wollte Marianne Hagendorf die 40 Jahre als Bürgermeisterin voll machen. Aber zur Wende war sie bereits 60 Jahre alt und ihr Mann meinte: Schluss jetzt, es reicht. So freut sie sich am heutigen Tag auf ihre Geburtstagsgäste – immerhin ist sie die älteste Einwohnerin des Ortes.

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