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Bad Belzig. Das gab es wohl noch nie beim Kabarettwettbewerb im KleinKunstWerk um die von Brigitte Hessler gefertigten Bachstelzen. Die erste Künstlerin, Alice Köfer, verwickelte den anwesenden Bürgermeister Robert Pulz in einen längeren, unterhaltsamen und von beiden Seiten spritzigen Dialog. Alice Köfer fand „Pulz“ einen Supernamen für einen Bürgermeister und fragte diesen, ob er nach der Wahl gedacht hätte:
„Bad Belzig hat erhöhten Pulz“.
Als Slogan für seine „Regentschaft“ fiel ihr ein:
„Bad Belzig am Pulz der Zeit!“
Doch die eigentliche Neuerung sollte es ganz am Ende der Veranstaltung geben. Dazu später. Eingangs hatte Gastgeberin Gerlinde Kempendorff dem Bürgermeister als „Neuankömmling“ eine Bachstelzen-Plakette überreicht. Dieser fasste das als eine Ehre auf, „obwohl es ja ein Trostpreis sein soll“. Letztlich bestand er jedoch darauf, sich freiwillig für sein Amt beworben zu haben.
Dann eröffnete Gerlinde Kempendorff das Kabarettfest im vollbesetzten KleinKunstWerk:
„Humor ist der Knopf, den wir alle brauchen, damit uns nicht der Kragen platzt. Freuen Sie sich auf vier glitzernden, schönen, klugen Frauen.“
Alice Köfer
Alice Köfer, die erste in der Reihe, freute sich, in Potsdam-Mittelmark auftreten zu dürfen, ihrer Heimat, kommt sie doch aus Stahnsdorf. Und sie freute sich, berlinern zu dürfen. Denn, „da kann ich in derselben Zeit doppelt so viel erzählen“. In ihrem kurzen Programm, jede Wettbewerbsteilnehmerin hat nur 20 Minuten, erzählt sie unter anderem von ihrer Löffelliste. Also von der ToDo-Liste, auf der alles steht, was sie noch erledigen will, bevor sie den … Also zum Beispiel ein Burgerrestaurant eröffnen, in dem Wutburger mit schlechter Laune serviert werden. Den größten Beifall bekam ihr isländisches Lied. Aufgenommen und rückwärts abgespielt ergab dieses ein bekanntes Kinderlied.
Alice Köfer auf YouTube (Beispiel)
Laura Dee
Die zweite Künstlerin, Frau Andrea, war die Stimme versagt. Sie musste für dieses Jahr absagen, ist aber bereits für 2024 gebucht.
An ihre Stelle sprang innerhalb von wenigen Stunden die Berlinerin Laura Dee ein, die einen Vorzug der Kreisstadt gegenüber der Bundeshauptstadt zu würdigen wusste:
„In Bad Belzig ist es leicht, sich am Abend für eine Veranstaltung zu entscheiden. Anders als in Berlin.“
Sie sang über den Türsteher vor der angesagten Bar, von einem Stalker und von der virtuellen Liebe via Internet, wo Filter alles perfekt machen und „30 Küsse schnell verbracht“ sind.
Wenn man einen Wehrmutstropfen in dem diesjährigen Wettbewerb suchen will, dann vielleicht den, dass viele Lieder des Abends – nicht nur bei Laura Dee – auf Englisch waren. Doch dem Zuspruch für die Künstlerinnen schadete es nicht.
Laura Dee auf YouTube (Beispiel)
Mai Horlemann
Mai Horlemann, die dritte Künstlerin des Abends, trat mit laut Gerlinde Kempendorff „bösartigen Liedern“ auf. Das machte aber nichts, sie „kennt hier niemanden, und Herr Pulz ist auch weg“. Und überhaupt, sie fühlt sich immer wieder am falschen Ort. Sie will „Duschen in Baden“, bekommt „Sonnenbrand in Regensburg“, hat „nichts erreicht in Erlangen“, … Genial war ihr Beatboxen (in dem schon etwas älterem YouTube-Video zu hören). Es folgen einige Limericks, auch eines auf Bad Belzig. Letzteres in der Erinnerung etwa so:
Ein Liebespaar in Bad Belzig,
geht ins Kabarett,
es gefällt nicht.
Sie fragt, lieber Netflix und ins Bett gleich.
Sein Gesicht erhellt sich.
Mai Horlemann auf YouTube (Beispiel)
DIVA Tomasz
Die letzte Künstlerin für diesen Abend erweist sich als das, was ihr Künstlername verspricht: DIVA Tomasz. Gekonnt spielt der Female Impersonator mit ihrem Alter – und dem der anwesenden Männer:
„Meine Großmutter sagte mir immer: Halte dich an die älteren Männer, die geben sich mehr Mühe. Und es dauert länger.“
Zum Abschied brilliert er mit einem Lied über einen italienischen Spaghettikavalier, der sie mit Essen statt Liebe umsorgt. Und überhaupt:
„Normalerweise muss ich mich ja bei den Damen dafür entschuldigen, dass ich so gut aussehe … aber heute möchte ich mich bei Ihnen bedanken, dass Sie so viele gutaussehende Männer mitgebracht haben!“
DIVA Tomasz auf YouTube (Beispiel)
Die Gewinnerin ist …
Bei der Bachstelze wird die Siegerin (und am folgenden Tag der Sieger) durch die Länge des Beifalls des Publikums bestimmt. Die Siegerin wird im Folgejahr zu einem abendfüllenden Programm engagiert und bekommt natürlich die Bachstelze überreicht.
Die Jury, bestehend aus einem Anwalt und einem Polizisten, stoppten akribisch die Beifalllängen mit. Alle vier Künstlerinnen bekamen viel Beifall und lagen in der Gunst der Zuschauer dicht beieinander. Und dann noch das: Die beiden führenden Künstlerinnen lagen gleich auf. Noch während die Jury zur Stichwahl rufen wollte, beschlossen Alice Köfer und Mai Horlemann, 2025 gemeinsam aufzutreten.
So bekamen erstmals in der Geschichte der Bachstelze zwei Künstlerinnen den Sieg zugesprochen. Die Trophäe, die von Brigitte Hessler geschaffene Bachstelze müssen sie sich allerdings irgendwie teilen.
(Artikelfoto: Gerlinde Kempendorff mit den beiden Bachstelzen, für die Frauen und die Männer)
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