Treuenbrietzen. Der künstlerische Leiter des theater 89, Hans-Joachim Frank, ist von dem Zuspruch für den „Russischen Abend“ vor der Kulisse des erleuchteten Wasserturms überwältigt. Deutlich über 100 Menschen sind am Sonnabend Abend der Einladung der Arbeitsgemeinschaft “Städte mit historischen Stadtkernen” gefolgt, so viele wie noch nie, darunter auch zahlreiche Besucher von außerhalb.
„Wir haben uns unser Publikum erarbeitet,“ sagt Frank sichtlich stolz. Seit sieben Jahren geht sein Ensemble auf Sommertournee durch die historischen Stadtkerne brandenburgischer Städte. Sehr genau hat er dabei auch die Veränderungen wahrgenommen, die die Städte in dieser Zeit erfahren haben:
„Es ist großartig zu sehen, wie sie sich entwickelt haben.“
Vor der Kulisse des langsam dunkler werdenden Himmels spielt das theater 89 drei Einakter von Anton Tschechow, „Der Bär“, den Monolog „Vom Schaden des Tabaks“ und den Theaterspaß „Der Heiratsantrag“. Schon bald ertönen die ersten Bravo-Rufe, zurecht. Die kleinen Ministuren über die ach so menschlichen Schwächen leben gleichermaßen von Tschechows Menschenkenntnis wie vom komödiantischen Talent der Schauspieler. Selbst in ihrer Überziehung zur Karikatur wirken die dargestellten Figuren noch authentisch und kommen einem merkwürdig bekannt vor.
Zu den begeisterten Zuschauern gehört auch Nadja Reichardt aus Berlin. Sie ist mit der ganzen Familie gekommen, um vor allem ihrem Mann, dem Schauspieler Matthias Zahlbaum, zuzusehen. Der spielt den „noch nicht alten Gutsbesitzer“ in dem Stück „Der Bär“. An Tschechow begeistert Reichardt vor allem die Aktualität der Dialoge und die Sicht auf die Geschlechter:
„Für den Autor sind Mann und Frau zwei gleichwertige Pole.“
Auch Christine Winter ist extra von außerhalb angereist. Die Michendorferin findet nur Superlative für den Abend:
„Fantastisch.“
Unterstützt wird das theater 89 durch den Frauenchor Raduga (dt. Regenbogen) aus Altes Lager, in dem vor allem russlanddeutsche Aussiedlerinnen singen. In der hereinbrechenden Nacht vermitteln die russischen Weisen von Chor und Ensemble eine tiefe Sehnsucht nach den Weiten Russlands.
Über den Schauspielern und Zuschauern wird der Wasserturm hell angestrahlt. Immer wieder blitzen Insekten im Scheinwerferlicht auf. Eine bessere Theaterkulisse kann man sich kaum vorstellen, findet auch der Treuenbrietzener Bürgermeister Michael Knape stellvertretend für alle Mitglieder in der veranstaltenden Arbeitsgemeinschaft “Städte mit historischen Stadtkernen”:
„Wir brauchen keine großen Kulissen, wir bieten selbst die beste Kulisse.“
Den Besuchern gibt er mit auf den Weg:
„Nehme sich jeder das mit, was er möchte, und rede darüber mit anderen. Dann kommen wir ins Gespräch.“
Der Erfolg der „Sommertheater in historischen Stadtkernen“ hat die Veranstalter ermuntert, das intime Format jetzt vom Schauspiel auf die Musik zu übertragen. In Treuenbrietzen, Beelitz und Beeskow wird die Kammerakademie Potsdam wird an ungewöhnlichen, der Öffentlichkeit zumeist (noch) nicht zugänglichen Orte spielen. In Treuenbrietzen soll das erste „Verwunschenen Konzerte“ am 21. September um 19 Uhr stattfinden.
Views: 3