Aus Wiesenburg zum einem der schwersten Schlittenhunderennen der Welt

Wiesenburg. Die Große Odyssee Savoyen Mont Blanc ist ein Schlittenhunderennen. Man sagt, es gehöre zu den schwierigsten weltweit. Es geht über 11 Etappen, dabei müssen 11500 Höhenmeter überwunden werden, was die eigentliche Herausforderung ist. Dieser stellte sich in diesem Jahr auch Winfried – genannt Winni – Kriegler aus Wiesenburg. Dort führt er gemeinsam mit Ehefrau Dagmar eine Tierarztpraxis. Dagmar Kriegler ist seit vielen Jahren Cheftierärztin bei den verschiedensten Schlittenhunderennen. Seit 34 Jahren fährt Winfried Kriegler Schlittenhunderennen. Aber erst jetzt, mit 69 Jahren war er bereit für diese schwierige Strecke quer durch die französischen Alpen. Regelmäßig seit 2004 nehmen beide am „Alpentrail“ und am „Norwaytrail“ teil.

Begonnen hat eigentlich alles damit, dass Dagmar Kriegler einen Bobtail mit in die Ehe brachte. Dieser war schon sehr alt und sollte sozusagen ersetzt werden. Das Paar sah sich um und stieß auf die Sibirien Hyskies – und schon war eine Liebe geboren. Denn diese Rasse ist prädestiniert für Schlittenhunderennen. Jetzt fährt der Musher jedoch mit Hounds, den europäischen Schlittenhunden.

Ihr allererstes Schneerennen fuhr die Familie 1989 in Oberhof, damals mit Tochter Karen als Musher. In den folgenden Jahren haben eher die vier Kinder diesen Sport betrieben. Und das recht erfolgreich. Sohn Lukas war Vize Juniorenweltmeister, Sebastian und Niklas Europameister. „Bei und lief es eher umgekehrt“, schmunzelt das Ehepaar, „der Sport färbte von den Kindern auf die Eltern ab.“ Das Wertvollste daran war jedoch der Zusammenhalt der Kinder, resümiert Dagmar Kriegler. Und so ist es auch heute noch, wo alle aus dem Haus sind und eigene Familien haben. Auch die Enkel des Paares sind mit dem Schlittenhundevirus infiziert und schon Kinderrennen gefahren. Inzwischen fragen die Kinder ihre Eltern: Wann werdet ihr endlich ruhiger?!

Anfangs war eh alles anders gedacht, nämlich mit den Hunden und auf Skiern. Aber dann kamen immer mehr Hunde dazu, denn jedes der Kinder wollte seine eigenen haben. So entwickelte sich der Schlittenhundesport über die Jahre zu einem „Zweitjob“ für die beiden Tierärzte. Seit 1992 ist Dagmar Kriegler Verbandstierärztin beim VDSV und betreut die Hunde bei den verschiedenen Rennen. 2004 fing Winfried Kriegler an, Mitteldinstanzrennen zu fahren. Im vergangenen Jahr nahmen sie zum 8. Mal am „Norwaytrail“ teil. Es gab nur einen Starter, der alle Etappen gefahren ist und das war Winfried Kriegler.

Um an den Rennen teilzunehmen, musste sich das Paar aber auch einigen technischen Herausforderungen stellen. Waren sie bisher im Umgang mit dem Smartphone eher „Anfänger“, musste sich das schnellstmöglich ändern. Denn die Hinweise zum Beispiel über Streckenführung oder auch Treffpunkten kamen nur darüber – und das in Form von Koordinaten. Innerhalb von nur zwei Tagen machte sich Dagmar Kriegler damit vertraut. Inzwischen habe beide das Digitale schätzen gelernt. „Man muss sich dem stellen“, so Dagmar Kriegler.

Winfried Kriegler kann aus einem Pool von zwölf Hunden für seine Rennen auswählen. Gefahren wird meist mit acht Tieren. Die Auswahl trifft er je nach Etappe, aber auch nach Tagesform der Hunde. So wählte er für die erste Schlüsseletappe der Grande Odysseé nicht die wilden Rüden, sondern die ruhigeren Mädchen des Rudels aus. Die Begeisterung für diesen Sport ist in Frankreich besonders groß. Jedes Jahr kommen tausende Zuschauer zu dem Spektakel. Gestartet wird in den einzelnen Orten, dazu wird extra Schnee angefahren. Die Bewohner nehmen es gelassen, wissen sie doch, dass dieser recht schnell wieder abtransportiert wird.

Die Organisation des Rennens sei fantastisch, so Winfried Kriegler. Bei keinem seiner Rennen hat er erlebt, das ihn selbst auf den Strecken durch den Wald die Zuschauer mit „Winni, Winni“ Rufen anspornten. Und auch das Verhältnis der Musher untereinander ist außerordentlich. So haben sich im Laufe der Jahre feste Freundschaften entwickelt. Trotz Sprachbarriere. Denn die Franzosen sprechen nicht gern deutsch und englisch. Letzteres ist die Amtssprache bei den Rennen. So kramte man in den hintersten Gehirnstübchen, was vom Sprachunterricht in der Schule noch hängen geblieben war. So ging es auch Dagmar Kriegler mit ihrem Lehrmeister. Während sie krampfhaft nach den Vokabeln suchte fragte er sie in perfektem Deutsch: „Dagmar, würdest Du nächstes Jahr wieder dabei sein?“ Da fiel auch Dagmar Kriegler buchstäblich die Kinnlade herunter.

55 Teams gingen dieses Jahr insgesamt an den Start des Rennens, nur 15 bewältigten alle Etappen. Und die hatten es in sich. Sie sind fahrerisch nicht ganz einfach, so Winfried Kriegler. Es wurde sogar im Freien in einem Biwak bei minus acht Grad übernachtet, denn die Rennen startet in die Nacht  hinein. Dann sind nämlich die Skipisten frei. Für Winfried Kriegler war es das erste Biwak seines Lebens, auf 2090 Metern Höhe. Ausgepolstert mit Stroh übernachtete er mit seinen Hunden in einem Zelt – viel zum Schlafen kam er nicht.

Nach 11 Renntagen belegte Winfried Kriegler den 5. Platz im diesjährigen Rennen durch die Alpen. Das blieb auch in Wiesenburg nicht unbemerkt. Und so kam es zu einer kleinen Gratulationsrunde mit Bürgermeister und Gemeindevertretern.

Winfried Kriegler dagegen denkt noch lange nicht ans Aufhören und hat zusätzlich eine zweite Leidenschaft für sich entdeckt – das Bergsteigen, welches er gemeinsam mit seinen Söhnen betreibt und nicht immer für ruhige Tage seiner Ehefrau sorgt. Immerhin hat Sohn Lukas die sechs spektakulärsten Nordwände der Alpen bewältigt.

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