Aus der Geschichte der Wiesenburger Brauerei

Wiesenburg. Am Wiesenburger Kreisel, wo sich die B 246 und die B 107 treffen, steht eine Bauruine. Das sind die Überbleibsel der Wiesenburger Brauerei. Nach der Stilllegung im Jahr 1994 verfällt das Areal mehr und mehr. Inzwischen hat sich die Gemeinde Wiesenburg/Mark dazu entschieden, die Fläche mit allem Drum und Dran zurückzukaufen. Sie soll in die Entwicklung eines Smart-Village-Campus einfließen. Der jetzige Eigentümer lebt anscheinend in den USA. Er kam sowohl seiner Verkehrssicherungspflicht nicht nach als auch der Zahlung von Steuern und Erschließungsbeiträgen an die Gemeinde. Nun strengt diese eine Rückübertragung an.

Dabei war die Brauerei früher ein wichtiger Wirtschaftsfaktor des Ortes. Ein Brauhaus wurde bereits 1575 erwähnt. Später, als zwei Herrschaften in Wiesenburg waren, gab es sogar zwei Brauhäuser. So wurden um 1740 vier Braupferde gehalten, das Braupersonal bestand aus einem Bauern, einem Brauknecht und drei Braumägden. Kurz vor 1900 wurde die Brauerei mit Dampfkraft betrieben. Viele fanden dort Arbeit. Die Brauerei hatte einen böhmischen Braumeister, dazu vier bis sechs Gehilfen, einen Rechnungsführer und drei Gespanne zum Ausfahren des Biers.

Auch die Brennerei spielte eine wichtige Rolle. Diese wurde erst etwa 1853 in der Form erbaut, wie sie viele noch in Erinnerung haben. Heute befinden sich dort nach der Umgestaltung des Goetheplatzes und der Restaurierung des Gebäudes ein Edeka-Markt und eine Arztpraxis. Auf dem erhalten gebliebenen Schornstein nisten jährlich Storchenpaare. Jedoch wurde schon viel länger Branntwein gebrannt. Darüber finden sich bereits 1718 Erwähnungen. Bereits 1720 wurde der Ertrag aus der Brennerei auf damals 200 Taler veranschlagt, 1738 waren es bereits 356 Taler. Hergestellt wurde der Branntwein zu der Zeit aus Roggen, Kartoffelbranntwein gab es noch nicht. Der Branntwein wurde unter anderem nach Köthen und Wittenberg geliefert.

Die eigentliche Schlossbrauerei wurde 1868 als Gutsbrauerei von Watzdorf gegründet und blickt auf eine wechselhafte Geschichte zurück. Von der Gründung bis zur Schließung firmierte die Brauerei an diesem Standort unter den verschiedensten Namen. Und sogar der erste Reichskanzler des Deutschen Reiches kam, so wird vermutet,  in den Genuss des goldenen Gerstensaftes. Im „Zauch-Belziger Kreisblatt“ war zu lesen, dass im Frühjahr des Jahres 1887 ein Fass Bier die Wiesenburger Schlossbrauerei verließ. Dieses erhielt Otto von Bismarck als Geschenk.

1930 firmierte die Brauerei als „Gräflich Fürstensteinsche Schlossbrauerei“. Nach dem zweiten Weltkrieg hieß sie Schlossbrauerei Wiesenburg und war in Gemeindetreuhand. 1948 enteignete man die Brauerei, nur ein Jahr später wurde aus der Schlossbrauerei Wiesenburg der VEB Brauerei Wiesenburg. Im weiteren Verlauf wechselten die Namen immer wieder. Seit 1972 gehörte die Brauerei zum Getränkekombinat Potsdam. 1994 erfolgte die Stilllegung des Betriebes. Zu DDR Zeiten gehörte die Brauerei neben dem Drahtwerk zu den größten Arbeitgebern der Umgebung. Etwa 50 Menschen waren dort beschäftigt. Während sich in den Anfangsjahren die gute Qualität und der Geschmack des Wiesenburger Bieres schnell herum gesprochen hatten, war das in der DDR leider nicht mehr so. Man sprach von „Wiesenburger Schaumgebremstem“. Es musste schnell verbraucht werden, die Haltbarkeitsdauer war begrenzt. Die Angestellten der Brauerei hatten aber nie Sorgen wegen des Nachschubs, sie erhielten ein monatliches Deputat.

Die ehemalige Brauerei ist heute ein Baudenkmal. Jedoch scheint es, dass von den Gebäuden nichts mehr erhalten werden kann. Im Inneren kann man noch einige ausgediente Maschinen und Werkzeuge sehen. Das meiste jedoch wurde von den Vorbesitzern „verscherbelt“. Der Außenbereich ist völlig verwildert. Lediglich der Schornstein überragt noch das Gelände. Dieser soll nach Willen des Denkmalschutzes auch als Wahrzeichen erhalten werden.

(Vielen Dank an Andreas Koska für die historischen Aufnahmen!)

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