30-jähriges Jubiläum in Reetz

Reetz. In der heutigen Zeit ist es für Firmeninhaber schwer, einen Nachfolger zu finden, wenn sie in Rente gehen wollen. Meist dauert es lange, oft findet sich gar keiner. Und ein bisschen Glück gehört auch dazu. Dieses hatte vor etwas über drei Jahren Malermeister Manfred Letz aus Reetz. Er wollte sich zur „Ruhe“ setzen. „Man muss nicht erst aufhören, wenn man mir einem Rollator durch die Gegend schiebt“, so der 69 jährige schmunzelnd. Aber natürlich wollte er seine Firma, die nun seit 30 Jahren besteht, auch in guten Händen wissen. Sohn Andreas hatte Maschinenbau studiert und war eher an Technik interessiert. „Das Malerhandwerk war nicht so sein Ding“, erzählt Mama Jutta. Aber trotzdem haben Manfred und Jutta Letz es ihrem Sohn zu verdanken, dass sie einen passenden Nachfolger gefunden haben.

Er informierte sich nämlich auf der Nachfolgebörse der Handwerkskammer. Auf dieser Plattform stieß er auf das Angebot von Andy Mielis. Der heute 43 jährige hatte eine Malerfirma in Göttingen, wohnte aber in der Nähe von Falkensee. Das bedeutete, jede Woche hunderte Kilometer zu pendeln. Bis seine Frau zu ihm sagte:

„Lass Dir etwas einfallen, so geht das nicht weiter.“

Verständlich bei drei Kindern und einem Haus.

Manfred Letz und Andy Mielis lernten sich im Oktober 2016 kennen. Die Chemie zwischen den beiden stimmte sofort. Schon im Februar 2017 wurde die Firma übergeben. Andy Mielis übernahm sie sozusagen mit Mann und Maus. Er behielt alle Arbeitnehmer, sämtliche Maschinen und auch bereits feststehende Aufträge. „Manfred und Jutta Letz waren quasi wie Eltern für mich“, sagt er heute. Was Jutta Letz sehr beeindruckte. „Es macht stolz, das jetzt so zu hören“, sagte sie ein bisschen gerührt. Und natürlich steht Manfred Letz auch heute noch mit Rat und Tat zur Seite.

Der Gedanke, sich selbstständig zu machen, war schon zu DDR-Zeiten da. Manfred Letz war Bereichsleiter in der PGH Wiesenburg für die Maler. In diesem Job hatte er alles zu tun, angefangen von der Betreuung der Arbeitnehmer bis hin zum Einkauf. Warum tun wir das alles nicht für uns selbst, dachte sich das Ehepaar. Also stellten sie einen Antrag auf Selbstständigkeit. Da gab es schon die Währungsunion, von einer Wiedervereinigung war aber noch nicht die Rede. Mit der Währungsunion brachen von heut auf morgen alle Aufträge in der PGH  weg oder wurden storniert. Ein Grund mehr, sich auf eigene Füße zu stellen. Zuerst musste Manfred Letz aber noch einen Nachfolger als Bereichsleiter finden, was ihm auch gelang.

Angefangen hat er allein. Manfred Letz erinnert sich noch an seinen ersten Auftrag. Den bekam er von Walter-Julius Stolte, dem damaligen Betreiber vom „Juliushof“ in Klein-Briesen. Er sollte Infoschilder für den Hotelbetrieb anfertigen. Vereinbart waren 6.000 D-Mark, das war damals sehr viel Geld. Gearbeitet hat Manfred Letz in der alten Küche in seinem Wohnhaus, manchmal bis in die Nacht. Bald stellte er mit Ronny Schröder aus Wiesenburg den ersten Lehrling ein, kurze Zeit später mit Heinz Schiller aus Görzke einen älteren Arbeitnehmer, der anschließend noch sehr lange in der Firma beschäftigt war.

Leicht war es nicht. Es gab viele neue Materialien und Techniken. Also besuchte Manfred Letz Lehrgänge und westliche Firmen, um sich anzusehen, wie mit diesem Material gearbeitet wird. Der Arbeitsbereich weitete sich erst bis nach Brandenburg aus, später bis nach Potsdam und Berlin, um immer Arbeit für die Angestellten zu haben. In der ersten Zeit stand er abends nach der Arbeit an der Telefonzelle mitten im Ort, um seine Bestellungen aufzugeben. Oft musste er warten, da er nicht der einzige war, der telefonieren wollte. Ein eigenes Telefon bekam er erst ein Jahr später. Die Büroarbeiten erledigte Ehefrau Jutta. „Angefangen hab ich mit einer einfachen Reiseschreibmaschine“, erinnert sie sich. Später hatte sie dann eine elektrische, wo wenigstens schon die Arbeitsverträge abgespeichert werden konnten.

Inzwischen ist der Betrieb gewachsen. Andy Mielis hat 28 Mitarbeiter und obendrein eine Niederlassung in Berlin.

Die Firmenübergabe ist eigentlich ein Paradebeispiel, wie ein Übergang funktionieren sollte, sind sich Manfred Letz und Andy Mielis einig. „Ich hab einen komplett fertigen Betrieb übernommen, inklusive Aufträge“, so Andy Mielis. Auch er hatte sich im Vorfeld einige Betriebe angesehen. Viele Inhaber wollten sofort komplett abschließen und gar nichts mehr mit den Betrieb zu tun haben. Aber einfach so einen Tag X festlegen, geht gar nicht, ist er der Meinung. Da hat er es mit Manfred Letz gut getroffen. Denn dieser schaute und schaut oft, ob er irgendwie helfen kann. Und ist froh, dass das Unternehmen in seinem Sinne weitergeführt wird.

Jetzt ist auch für Andy Mielis die Zeit des Pendelns vorbei. In Absprache mit seiner Frau wurde das Haus bei Falkensee verkauft und in Bad Belzig ein neues gebaut. So haben die drei Kinder wenigstens am Abend ein bisschen Zeit mit ihrem Vater.

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