Wiesenburg, Gedenken. Hermann Boßdorf

Wiesenburg: Zum Gedenken an Herrmann Boßdorf

Wiesenburg. Am 24. September jährte sich der Todestag des Heimatdichters Hermann Boßdorf zum 100. Mal. Zum Gedenken an Wiesenburgs wohl bekanntesten Sohn führten Juliane Heinrich und Frank Baacke interessierte Gäste an die Stätten seiner Kindheit. Während die jüngere Generation den Namen wohl nur als Straßennamen kennt, gibt es bei den älteren Einwohnern engere Beziehungen zum Dichter. Denn in Wiesenburg leben heute noch Nachfahren von Hermann Boßdorf. Die Schwester des Künstlers heiratete in die Familie Beckmann ein. Viele aus der Familie leben heute noch in Wiesenburg oder haben eine ganz enge Beziehung zu ihrem Geburtsort. So hatten fast alle Nichten und Neffen ihres Urgroßonkels Blumen dabei, um an ihn zu erinnern.

Mit Wiesenburg verband Herrmann Boßdorf, der aus kleinbürgerlichen Verhältnissen stammt, auch seine erste Liebe. Mariechen Heringslake hatte es Männe, wie er von der Familie genannt wurde, angetan. Täglich begleitete er sie durch die Pumphauslücke von der Schule nach Hause. Dort gab er ihr, trotzdem sie ständig ein Rotznäschen hatte, den ersten Kuss. Aber die Familie war absolut nicht einverstanden mit dieser ersten Liebe. Sein Onkel hatte ihn beobachtet und trat dieses Ereignis in der Familie breit. Männe wurde wegen seiner Liebe verspottet, besonders wegen dem Schmutznäschen. Seitdem bemerkte auch Herrmann Boßdorf das Schmutznäschen, was auch von Mariechen nicht unbemerkt blieb. Sie rächte sich bei einem Schulspiel, bei dem es um Hochzeiten ging, denn sie wählte nicht Männe als Bräutigam aus, sondern einen anderen Jungen. Trotzdem war diese Jugendliebe immer wieder ein Motiv in Herrmann Boßdorfs späteren Werken. Frank Braacke erzählte diese schöne Geschichte sehr eindrucksvoll. Der Leipziger hat schon verschiedene Führungen mit Juliane Heinrich gemacht. Als sie auf ihn zukam mit der Idee, eine Wanderung durch Wiesenburg zu Ehren des Dichters zu machen, sagte er zu. Und beschäftigte sich das vergangene halbe Jahr mit dem Künstler, den er vorher nicht kannte. Der Gedanke des Rundgangs an sich entstand durch einen Beitrag im Parkjournal. Der Fläming war immer wieder Inspiration in seinen Werken, was das schöne Gedicht „Fläminghügel“ zeigt.

Aber auch der Park selbst war immer wieder Inspiration für Herrmann Boßdorf. Besonders die Feste der Herrschaft, zu der immer alle Kinder eingeladen wurden, waren ihm in bester Erinnerung. Und das auch noch, als er mit seinen Eltern längst in Hamburg lebte. Dort ging er zur Schule und machte eine Lehre zum Telegraphenassistent. Dabei lernte er Dänisch und Schwedisch. Dadurch war er in der Lage, Werke nordischer Autoren in den Originalsprachen zu lesen. Weil sein Beruf ihn stark beanspruchte, litt seine Gesundheit zusehends. 1917 wurde er  in den Ruhestand versetzt. Er starb jung, bereits im Alter von 40 Jahren. Wer weiß, welche schönen Gedichte und Erzählungen er sonst noch geschrieben hätte. Noch auf dem Totenbett schrieb er ein Gedicht für seine Frau.

1899 lernte Herrmann Boßdorf seine zukünftige Frau kennen und fand in ihr eine Seelenverwandte. Leider blieb die Ehe kinderlos. Aber sie bestärkte ihn darin, seine Werke zu veröffentlichen. Er schrieb Dramen und Gedichte, ehe die von Adolf Bartels in Gang gesetzte „Diskussion um die ‘Erbschaft’ Fritz Stavenhangens“ sein Interesse am Plattdeutschen als Literatursprache weckte. Es entstand das Drama „De Fährkrog“, welches am Ohnsorg Theater Hamburg uraufgeführt wurde. Dieses Drama hatte eine gewaltige Wirkung, so dass Herrmann Boßdorf auf Anregung von Richard Ohnsorg weiterhin Werke in Plattdeutsch schrieb. Liebhaber des Ohnsorg-Theaters und der Ausnahmenkünstlerin Heidi Kabel sind diese Werke gut bekannt. Sie werden auch heute noch gelegentlich aufgeführt.

Aber Hermann Boßdorf war auch ein begabter Maler und Zeichner. Einige seine Bilder präsentierte Juliane Heinrich auf dem Rundgang, ehe es in die Kirche ging. Herrmann Boßdorf liebte den Glockenklang, ist er doch sozusagen unter den Kirchenglocken geboren. Und er liebte rote Nelken. Vor dem Geburtshaus Herrmann Boßdorfs steht ein Gedenkstein. Dort legten Nachkommen und Initiatoren des Rundgangs rote Nelken nieder. Auch Wiesenburgs Ortsvorsteher würdigte das Schaffen des Künstlers mit einem Gesteck. In der Kirche rezitierte Pfarrer Stephan Schönfeld eines von Boßdorfs plattdeutschen Gedichten, der Flämingchor aus Görzke unterhielt passend musikalisch. Als Erinnerung hatte Juliane Heinrich das Gedicht mit einem Sträußchen Heidekraut für jeden Gast vorbereitet. Und dann konnten sich alle auf die Vorführung des Dramas „De Fährkrog“ freuen.

(Artikelfoto: Adrie Beckmann ist ein Nachfahre von Hermann Boßdorf und hatte Blumen dabei)

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