Ernst Paul Dörfler, Wiesenburg, Park Wiesenburg

Was wir von Vögeln lernen können

Wiesenburg. Der vielfach ausgezeichnete Naturschützer und Buchautor Ernst Paul Dörfler hat Berührendes über das geheime Leben der Vögel geschrieben, die oft friedvoller und achtsamer miteinander umgehen als wir Menschen. Basierend auf der Buchvorlage, die es im Übrigen bis auf die Spiegel-Bestsellerliste geschafft hat, spazierten Natur- und Vogelfreunde  gemeinsam durch den hinteren Gartenteil des Schlossparks Wiesenburg. Der imposante Wald- und Baumbestand bot reichliche Möglichkeiten, unsere gefiederten Nachbarn zu belauschen und zu beobachten.

Ökologischer Nestbau

Die erste Besonderheit hatte Ernst Paul Dörfler schon am Start der Wanderung parat – das Nest eines Buchfinken. Sozusagen sein Vorzeigeobjekt. Der Buchfink ist der häufigste einheimische Vogel. Für seine Nester verwendet er Moos und Haare, um es dem Nachwuchs recht warm und kuschlig zu machen. Auffällig sind die am Rand aufgeklebten Flechten, die als Tarnung dienen. Das gesamte Konstrukt ist sehr ökologisch, das können die Vögel besser als die Menschen. Durch die Kombination der unterschiedlichen Materialien ist das Nest bestens wärmegedämmt, dort herrschen fast durchgängig 37 Grad. Vögle können also klimaneutral Wärme erzeugen. Inzwischen zeichnet sich aber auch in der Baubranche wieder eine vorsichtige Rückkehr zu Naturbaumaterial wie Holz, Strohballen und Lehm ab. Kleine Vögel bauen ihr Nest nur für eine Saison, große Vögel wie unsere Störche reparieren ihr Zuhause und nutzen es immer wieder. Auch ist zu beobachten, dass sich einige frühere Zugvögel mit dem Klimawandel arrangiert haben und gar nicht mehr in den Süden fliegen.

Waldamseln und Stadtamseln

Dann ging es aber endlich los. Schon in der Eiche direkt am Bahnhof gab es den ersten Fund – ein Nest eines größeren Vogels, jedoch aus dem vergangenen Jahr. Entdeckt hatte es Max, der für die Wanderung extra sein Fernglas mitgebracht hatte. Am Eingang zum Park gab es von Juliane Heinrich, Organisatorin der Wanderung, auch noch einige Fakten zum Park. Im Park wurde auf jedes Vogelzwitschern geachtet. Einige der Teilnehmer kannten sich schon ein bisschen aus und erkannten die Stimmen, für andere war es völliges Neuland. Bei jedem Stopp erfuhren die Wanderer Neues und Interessantes über die Vögel. So haben die Amseln inzwischen die auch über den Winter wärmeren Städte entdeckt und bleiben im Winter teilweise hier. Es gibt also Waldamseln und Stadtamseln. „Das hat auch Auswirkungen auf die ehelichen Beziehungen der Vögel“, erklärt Ernst Paul Dörfler. Während die Waldamseln eine Saisonehe führen und bis zu dreimal brüten, bleiben die Stadtamseln ein Leben lang zusammen. Allerdings nur, wenn die Ehe erfolgreich war.

Waldbauern

Interessant waren auch die Ausführungen zum Eichelhäher, man nennt ihn auch die Waldpolizei, da er jedes Eindringen in das Revier lautstark den anderen Tieren meldet. Auf den Winter stellt er sich rechtzeitig ein und macht es wie unsere Ahnen – er sorgt vor. Überall legt er Verstecke mit Eicheln an, bis zu zehn Stück kann er in seinem Kropf transportieren. So ist er auch ein echter Waldbauer, wie Juliane Heinrich weiß. Da er natürlich nicht alle Eicheln benötigt, treiben diese im Frühjahr aus. Es gibt sozusagen eine Naturverjüngung. Das ist von vielen anderen Arten auch bekannt, wo die Vögel die Samen herumtragen. Und meist wächst das, was von allein aufgeht, besser als gepflanzte Bäume. Wissenschaftler haben ausgerechnet, dass ein Eichelhäher einen wirtschaftlichen Wert von 650 bis 750 Euro pro Jahr schafft.

Mitten im unteren Teil des Parks steht ein ganz besonderer Baum, nämlich der älteste der ganzen Anlage. Es ist eine Douglasie. „Die wurde nachweislich 1869 gepflanzt“, erklärt Juliane Heinrich. Man sieht ihr am Stamm das hohe Alter an. Die Nadeln der Douglasie sind weich und verströmen beim zerreiben einen zitronigen Duft.

Gesundheitspflege

Aber Vögel können noch viel mehr. Sie wissen auch, was für die Gesundheit zu tun ist. Oft wird das Strecken beobachtet, dadurch bleiben sie gelenkig. Das Baden im Sand und im Wasser reinigt das Gefieder, was hinterher aber wieder gut eingefettet wird. Ist ein Vogel von Parasiten befallen, hilft ihm ein Bad im Ameisenhaufen. Die Ameisensäure tötet die Schädlinge ab. Auch die Partnersuche läuft etwas anders ab als bei den Menschen. Amüsant beschrieben hat das Ernst Paul Dörfler in seinem Buch: Liebeslust und Ehefrust der Vögel.

Ernst Paul Dörfler, Wiesenburg, Park Wiesenburg

Ernst Paul Dörfler

Ernst Paul Dörfler ist promovierter Naturwissenschaftler, freischaffender Autor und Umweltschützer. Er verfasste mehrere Umweltstudien zur ökologischen Situation in der DDR, die vor 1989 nicht veröffentlicht werden durften. Dennoch hielt er zahlreiche Vorträge zu Umweltproblemen und bot öffentliche Exkursionen an, die das MfS überwachte. 1989 gehörte er gemeinsam mit seiner Frau zu den Mitbegründern der Grünen Partei in der DDR, die er am Zentralen Runden Tisch vertrat. Außerdem war er Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer und war Vorsitzender des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz, Energie und Reaktorsicherheit. Bis Dezember 1990 vertrat er Bündnis90/Die Grünen im Bundestag. Heute setzt er sich im Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland vor allem für den Schutz der Elbe und des UNESCO-Welterbes ein. Mit seinen Büchern will er Menschen jeden Alters für die Liebe zur Natur begeistern. Sein Interesse für die Natur begann in der Kindheit. Aufgewachsen auf einem Bauernhof hatte er früh Kontakt mit Vögeln. Angetan hatten es ihm die Schwalben, die jedes Jahr wieder ihr Nest in der Scheune bauten. „Mein Interesse für Vögel begann also mit Schwalben“, schmunzelt Paul Dörfler.

Weitere Buch- und Autoreninformationen unter www.elbeinsel.de

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