Wiesenburg/Mark. Reetz. Der Besuch des brandenburgischen Wirtschaftsministers Albrecht Gerber (SPD) im Reetzer Werk der Wienerberger GmBH mit Sitz in Hanover beginnt mit einer Arbeitsschutzbelehrung. Sicherheit muss sein, zumal viele Maschinen hochautomatisiert arbeiten. „Wer die zur Sicherheit eingerichteten Lichtschranken unterbricht, muss hier üblicherweise abends ein Bier ausgeben“, droht der Reetzer Werkleiter, Erhard Tauer, mit einem Augenzwinkern an.
Empfangen wurde Gerber von Jürgen Habenbacher, Sprecher der Geschäftsführung von Wienerberger. „Ich bin auch zum ersten Mal in unserem Reetzer Werk“, gesteht der Habenbacher. Kein Wunder, ist der 32-jährige Österreicher doch erst seit dem 1. August 2018 in dieser Position. Unterwegs hat er den weiten Blick in die hiesige Landschaft genossen. Dass er so schnell ins flämische Reetz gekommen ist, scheint nicht nur dem Besuch des Ministers geschuldet zu sein, sondern auch dem Stellenwert, der das Reetzer Werk im Unternehmen hat. Habenbacher verweist auf den wachsenden Wohnungsmarkt in Berlin und Brandenburg:
„Reetz ist ein wichtiger strategischer Standort für uns.“
Deshalb will das Unternehmen auch weiter investieren, zum Beispiel in die zusätzliche Fläche für die LKW’s, damit Staus auf der Landstraße wie vor einigen Wochen vermieden werden können (Fläming 365 berichtete), in eine neue Schleifanlage und vor allem in die weitere Digitalisierung. Seit Ende Februar kann auch mit der Erschließung eines neuen Bergfelds der zum Werk gehörenden Tongrube begonnen werden. Damit ist langfristig gesichert, dass 70 Prozent der für die Produktion benötigten Rohstoffe direkt vor Ort gewonnen werden können.
Auf dem Rundgang durchs Werk übernahm es Tauber, dem Minister und dem regionalen Abgeordneten Günter Baaske (SPD) die gesamte Produktion von den Rohstoffen über die Fertigung bis zum fertigen Produkt, insbesondere die mit Mineralwolle verfüllten Ziegel zu zeigen. Tauber gilt im Werk als „lebendes Inventar“. Dabei ist der Elektroniker ein Quereinsteiger, der durch die Automatisierung 1992 zum Werk kam. Heute ist er für alles in Reetz verantwortlich, „was mit der Produktion zu tun hat“.
Die modernen, gefüllten Ziegel werden immer stärker nachgefragt, da sie einen wichtigen Vorteil bieten: Bei sehr guten Wärmedämmeigenschaften der Gebäudehülle kann auf eine zusätzliche Dämmung verzichtet werden, was Kosten und Wartungsaufwand für die Bauherren spart. Laut Tauber besteht die Kunst bei der Anfertigung darin, die für das jeweilige Bauvorhaben richtige Balance zwischen Dämmeigenschaften und Druckfestigkeit hinzubekommen.
In dem abschließenden Gespräch ging es um die Akquisition, um die erfolgreiche Integration des Reetzer Werks in das Unternehmen Wienerberger, die das Hintermauerziegelwerk Reetz vor einem Jahr von der Röben Klinkerwerke GmbH übernommen hat. Die Integration scheint gelungen. Der Gesamtbetriebsratsvorsitzende von Wienerberger, Hans Flory, hebt hervor, dass mit der Übernahme des Reetzer Werkes die Löhne nach Tarif gezahlt werden:
„Zwar müssen die Reetzer zwei Stunden mehr als ihre westlichen Kollegen arbeiten, aber sie bekommen diese zwei zusätzlichen Stunden auch bezahlt.”
„Tariflohn bedeutet bei uns einen guten Verdienst“, freut sich der Wiesenburger Bürgermeister, Marco Beckendorf (DIE LINKE), „und das ist wichtig für die ganze Region.“ Auch Tauber hebt den neuen, offeneren Umgang des Unternehmens mit der Sitzgemeinde hervor. Als es die Stauprobleme gab, stellte man sich sofort einer Einwohnerversammlung und hat seitdem Abhilfe geschaffen. Das Unternehmen unterstützte auch die Ortsfeste und hilft zum Beispiel der Feuerwehr und der Kita. Beckendorf bestätigt seitens der Gemeinde Wiesenburg/Mark ebenfalls die neue Atmosphäre.
Im Nachgang des Ministerbesuchs will man sich auch noch einmal zusammensetzen, um Fördermöglichkeiten auszuloten, zum Beispiel für die Ausbildung. Zum Abschluss seines Besuches, der auch der Vorbereitung einer
Auslandsreise des Ministers zur Wienerberger AG nach Österreich, dem Mutterkonzern der deutschen Wienerberger GmbH, diente, stellte Gerber beeindruckt fest:
„Auch banale Ziegel sind alles andere als banal“.
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