Naturparkzentrum Hoher Fläming: Hobbygärtner unter sich

Raben. In vielen Kleingärten herrscht bei dem derzeit schönen Wetter bereits Hochbetrieb. Da wird geharkt, Bäume beschnitten und das Gewächshaus vorbereitet. Auf der Samentauschbörse in Raben am vergangenen Wochenende konnten sich Hobbygärtner nochmal Anregungen für ihren Kleingarten holen. Und das Interesse war groß. Juliane Wittig vom Naturpark „Hoher Fläming“ musste sogar Absagen für den Vortrag von Franz Heitzendorfer, gärtnerischer Leiter im Biogarten Prieros, erteilen, denn so viele Gäste konnte der kleine Raum nicht fassen. Deshalb wurde alternativ ein Film über die Zulassung von Saatgut angeboten. Auch dort fanden sich viele Interessenten ein.

Hier zeigten sich einmal mehr die Merkwürdigkeiten der deutschen Gesetzgebung. Zuständig für die Zulassung von Nutzpflanzen ist das Bundessortenamt. Nach festgelegten Kriterien wie Schale, Form und Farbe werden zum Beispiel Kartoffeln bewertet. Diese erhalten Noten von eins bis neun und man ermittelt so die Qualität einer Kartoffel. Der Geschmack spielt dabei keine Rolle, da man diesen nicht objektiv beurteilen kann. Aber viele Kartoffelbauern möchten gern wieder alte Sorten anbauen. Diese sind jedoch im Katalog nicht enthalten. So dürfen sie zwar verkauft werden, der Bauer muss jedoch darauf hinweisen, dass sie nur zum Verzehr sind, aber nicht selbst professionell angebaut werden dürfen. Ähnlich ist es mit Tomaten. Dort gibt es derzeit 43 zugelassene Sorten, davon zehn alte. Die meisten sind jedoch nicht samenfest, man kann also daraus kein Saatgut gewinnen. Die im Handel angebotenen Früchte sehen zwar vielfältig aus, sind es aber nicht. Sie entstehen durch endlosen kreuzen bekannter Marken. Auch riechen die Tomaten selbst nicht, dass tun nur die Stängel und Blätter. Deswegen werden im Handel oft Rispentomaten angeboten, um dem Kunden Geschmack vorzugaukeln. Uschi Reinhard erzählt in dem Film, dass sie Samen von 350 Tomatensorten aufbewahrt, alle sind nicht zugelassen.

Früher war es üblich, dass die Gärtner und Bauern ihr Saatgut selbst heranzogen. Es wurde bestenfalls unter den Nachbarn getauscht, wie der Grünkohl. So hatte in Ostfriesland fast jede Familie ihre eigenen Grünkohlsorte. Auf dem deutschen Markt gibt es derzeit nur zwei Sorten zu kaufen, vier sind insgesamt zugelassen. Es wurden etwa 200 alte Gemüsesorten gefunden, die meiste von älteren Menschen erhalten wurden. Diese sollen wieder unter die Leute.

Franz Heitzendorfer berichtete über seine ganz eigenen Erfahrungen mit dem märkischen Sand. Er versuchte, Rittersporn anzubauen, der den mageren Boden jedoch nicht überlebte. So musste er versuchen, den Boden aufzuwerten, allerdings nicht mit chemischen Mitteln.

Um zu verstehen, was im Boden passiert, gab es für alle zu Beginn eine kleine Bodenkunde. Mit dem Namen Boden wird ein nur sehr kleiner Teil der Erdschicht bezeichnet, der nur etwa 10 bis 100 Zentimeter dick ist. Das ist im Vergleich zur gesamten Erde sehr wenig. Heitzendorfer verglich es mit einem etwa 400 Seiten dicken Buch. Dort erscheint der Mensch erst im untersten Kapitel der letzten Seite. „Wir sind gerade dabei, dieses Buch zu durchbohren und zu zerstören“, sagte er. Denn ein Zentimeter Boden entsteht erst in 100 Jahren. Durch ständigen Pflügen und Umgraben wird die Bodenstruktur durcheinander gebracht. So finden sich im Boden enthaltenen Lebewesen, die wenig Licht zum Leben brauchen, plötzlich an der Oberfläche wieder. „So produzieren wir ein Massensterben“, erklärte er.

Aber wir möchten alle natürlich so viel wie möglich in unserem Garten ernten. Deshalb erklärte Franz Heitzendorfer, wie wir ihn auf natürliche Weise düngen können. Und so schwer ist das herstellen von eigenem Kompost nicht. Es gibt im Handel Kompostbehälter  zu kaufen, man kann sich aber auch selbst einen bauen. Wichtig für die Erzeugung von Humus ist eine hohe Temperatur und reichlich Material zum Kompostieren. Am besten eignet sich eine sogenannte Hotbox, also eine heiße Box. Man kann fast alles kompostieren, angefangen von Grasschnitt und anderen Gartenabfällen, kleingeschnittenem Astwerk bis hin zu  Küchenabfällen. Letztere sollten jedoch Bio sein. Auch Unkraut, das bereits Samen entwickelt hat, kann mit hinein. Durch die hohen Temperaturen sterben die Samen ab. Heitzendorfer hat in seiner Hotbox schon Temperaturen um 270 Grad gemessen.

Ist man sich nicht sicher, was auf den Kompost soll, kann man sich einen extra Haufen anlegen, auch dort verrottet das Material, wenn auch langsamer. Auch Kaffesatz und Teebeutel sind gut zum Kompostieren geeignet. Er selbst gibt meiste noch Steinmehl, Tonmineralien und Rasenkalk dazu. Alles gibt es im Handel zu kaufen. Effektiv ist auch Bio Pflanzenkohle, sogenannte Terra Preta. Ihre Herstellung ist jedoch etwas aufwändiger und erfordert Übung.

Am Bespiel seines Tomatenhauses erklärte Franz Heitzendorfer, wie er den Boden für das kommende Jahr vorbereitet. So bringt er im Herbst den Kompost auf, deckt ihn mit einer Laubschicht ab und lässt den Boden über den Winter ruhen. Die Laubschicht schützt den Boden vor starkem Frost. Im Sommer wird ständig gemulcht, unter anderem mit der Mahd einer Blumenwiese. Ein guter Mulch sind kleingeschnittene Brennnessel. Letztere eignet sich auch als schneller Dünger. Man jaucht diese, das heißt, auf ein Liter Wasser kommt ein Kilogramm Masse, und lässt es in einem zugedeckten Gefäß ziehen. Das Abdecken ist angebracht, denn der Sud entwickelt einen nicht gerade angenehmen Geruch. Der Sud wird anschließend etwa 1 zu 9 verdünnt und die Pflanzen damit gegossen, pur wäre er zu scharf für die Pflanzen.  Gleiches geht auch mit dem Schachtelhalm, der außerdem noch gut gegen Pilzbefall wirkt. Nach dem Vortrag wurde Franz Heitzendorfer noch von Interessenten belagert, um spezielle Fragen zu beantworten.

Nach dem Vortrag von Franz Heitzendorfer mussten noch einmal Tische gerückt werden, denn die Hobbygärtner wollten endlich ihre Schätze auspacken. In Tütchen und Gläsern hatten sie im vergangenen Herbst Samen gesammelt und aufbewahrt. Jetzt ging es ans Tauschen. An den Tischen herrschte dichtes Gedränge. Karl Ryll aus Reetzerhütten hatte Kürbissamen dabei – drei Sorten, bestätigte er. Kathrin Fischer aus Wiesenburg war in Vertretung ihrer Mutter Sigrid in Raben. Bei ihr gab es vorrangig Blumensamen. Auch Petra Wiechmann aus Borne hatte einige Besonderheiten dabei. Viele interessierten sich für den Samen der Winde, die jedoch eine Klettermöglichkeit braucht. Auch die Cosmea war beliebt. Erstaunt waren jedoch die meisten über die Morgensternsäcke. Natürlich hatte auch das Naturparkzentrum wieder seine seltenen Tomatensamen dabei.

Auf dem Vorplatz des Naturparkzentrums hatten die Besucher noch ein ganz besonderes Erlebnis. Thomas Rühlicke aus Seehausen war an diesem Sonntag zu einem Ausflug auf der Burg Rabenstein und hatte zufällig seinen Dudelsack dabei. So kamen die Besucher noch in den Genuss eines kleinen kostenlosen Konzerts mit diesem tollen Instrument.

Nach der Samentauschbörse perfekt mit Wissen und Samen ausgestattet, kann nun die Gartensaison beginnen.

Am 7. April findet im Naturparkzentrum ein Pflanzkartoffeltag statt. Dort werden seltene Kartoffelsorten für den heimanbau vorgestellt und können auch erworben werden. Am 28. April gibt es dann die Pflanzentauschbörse. „Da werden wieder seltene Tomatensorten von Mitarbeitern und Freunden vorgezogen“ informierte Juliane Wittig. Da findet bestimmt jeder Hobbygärtner seine Lieblingssorte.

 

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