Kreistag Potsdam-Mittelmark: Bündnisgrüne Fraktion lehnt große Gemeinschaftsunterkunft in Schmerwitz ab

Bad Belzig, Schmerwitz. Die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Kreistag Potsdam-Mittelmark ist für die Unterbringung von Geflüchteten in pandemie-gerechten Unterkünften mit ausreichender Infrastruktur vor Ort. Sie unterstützt nachdrücklich das Ansinnen, dass der Landkreis seiner Verpflichtung zur Aufnahme von Geflüchteten nachkommt. Die Unterbringung von Geflüchteten muss dabei so gestaltet sein, dass eine Integration auch tatsächlich gelingen kann. Dazu zählen v.a. ein ausgewogenes Verhältnis von bisher in einem Ort lebenden Menschen zu den Neuankömmlingen und außerdem eine ausreichend vor Ort vorhandene Infrastruktur.
Die bündnisgrüne Fraktion fordert eine Obergrenze in Höhe von 10 bis 30 % beim Verhältnis zwischen Zahl der Einwohner*innen eines Ortes und den vor Ort unterzubringenden Geflüchteten, um keine Gemeinde zu überfordern. Schmerwitz hat (Stichtag 5.1.2021) 246 Einwohner*innen, davon bereits 25 Geflüchtete – eine Gemeinschaftsunterkunft mit 224 weiteren Geflüchteten kann die Integrationskapazitäten des Dorfes komplett sprengen.

Auch aufgrund der schlechten Bus-Anbindung (kein Busverkehr nach 18 Uhr, wochenends nur Bürgerbus) und der schlechten Versorgungsinfrastruktur ist Schmerwitz völlig ungeeignet für eine größere Gemeinschaftsunterkunft.

Hinzu kommt, dass aus Sicht der Bündnisgrünen Gemeinschaftsunterkünfte grundsätzlich zur Unterbringung von Geflüchteten nicht mehr zeitgemäß sind. Sie befördern Konflikte, Depression und Infektionen. Sie verhindern Autonomie und Integration. Sie gefährden die gesunde Entwicklung von Kindern. Nicht zuletzt stellen Gemeinschaftsunterkünfte ein besonderes Risiko in Pandemie-Zeiten dar.

Das Projekt GU Schmerwitz in der von der Kreisverwaltung vorgelegten Planung steht aus unserer Sicht für Isolation statt Integration. Der Landkreis muss dringend seine Bemühungen um geeignete Unterkünfte intensivieren. Der Hinweis auf die neuen Zahlen zum Aufnahmesoll in der Begründung zum Beschlussvorschlag kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Verwaltung schon seit Jahren bekannt ist, dass dringend mehr Unterkünfte benötigt werden. Nach Jahren erfolgloser Suche nach Unterbringungsmöglichkeiten sollten neue Wege diskutiert werden, anstatt, wie in der Vorlage formuliert, die Suche nach geeigneten neuen Gemeinschaftsunterkünften zu intensivieren. Der Landkreis könnte bspw. den Gemeinden anbieten, Wohnraum verbindlich für eine bestimmte Zeit anzumieten, so dass die Gemeinden in die Lage versetzt würden, sozialen Wohnraum zu schaffen. Der Hinweis der Verwaltung, dass im Landkreis „kein ausreichender Wohnraum zu erschwinglichen Mietpreisen zur Verfügung steht“, betrifft ja nicht nur die Unterbringung von Geflüchteten.

Die bündnisgrüne Fraktion lehnt den Vorschlag der Verwaltung für eine GU mit bis zu 224 Geflüchteten in Schmerwitz ab und ist der Meinung, dass das Thema insgesamt intensiver und in allen Facetten beraten werden sollte, wobei mindestens auch der entsprechende Fachausschuss zu beteiligen wäre.

(Pressemitteilung der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Kreistag Potsdam-Mittelmark)

Visits: 268

Eine Antwort

  1. Ergänzung: Pressemitteilung von Dr. Johannes Blatt, Gemeindevertreter Wiesenburg/Mark, 8.1.2020

    Laut Beschlussvorlage für den Kreistag (https://pm-belzig.more-rubin1.de/sitzungen_top.php?sid=2021-ASA-7) plant die Kreisverwaltung PM zum 1.4.2021 die Einrichtung einer Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete im Gebäude des ehemaligen Seniorenheims und Nebengebäuden auf dem Gelände von Schloss Schmerwitz. Die Gemeinschaftsunterkunft soll mindestens 5 Jahre bestehen und 224 Unterbringungsplätze bieten. Der Sozialausschuss des Kreistags soll am 21.1. ein Votum abgeben, bevor der Kreisausschuss am 18.2. die Anmietung des Objekts durch den Landkreis beschließen soll.

    Als Gemeindevertreter in der Gemeinde Wiesenburg/Mark und als Schmerwitzer Bürger, der sich 2015 für die Aufnahme und Begleitung von Geflüchteten in Schmerwitz engagiert hat, lehne ich die vom Landkreis geplante Einrichtung einer Gemeinschaftsunterkunft in Schmerwitz entschieden ab.:

    Massenunterkünfte mit 6 qm Wohnraum pro Person in Mehrbettzimmern sind grundsätzlich keine gute Unterbringungsform für schutzbedürftige Menschen. Sie befördern Konflikte und psychische Beschwerden. Sie behindern die Integration der untergebrachten Menschen und erschweren ein autonomes Leben. Sie gefährden die gesunde Entwicklung von Kindern – und sind in Corona-Zeiten besonders problematisch.

    Schmerwitz ist aufgrund der schlechten Bus-Anbindung (kein Busverkehr nach 18 Uhr, wochenends nur Bürgerbus) und Versorgungsinfrastruktur völlig ungeeignet für eine Gemeinschaftsunterkunft.

    2015 haben zahlreiche Schmerwitzer Bürger*innen die Aufnahme von ca. 40 Menschen aus Syrien in Wohnungen im Dorf initiiert und begleitet. Heute leben in Schmerwitz 246 Menschen, davon 25 Geflüchtete. Ein weltoffenes Dorf wie Schmerwitz kann weitere Geflüchtete aufnehmen, in überschaubarer Zahl und in Wohnungen dezentral untergebracht. Die vom Landkreis geplante Gemeinschaftsunterkunft mit 224 Plätzen würde die Integrationskapazitäten des Dorfes jedoch komplett sprengen.

    Ich appelliere an die Kreistagsabgeordneten, die Beschlussvorlage der Kreisverwaltung abzulehnen. Als Landkreis, als Gemeinde, als Dorf und als individuelle Menschen sollten wir unserer Verantwortung zur Aufnahme von Geflüchteten nachkommen – in Würde und so, dass Integration gelingen kann. Das Projekt “Gemeinschaftsunterkunft Schmerwitz” steht für Isolation statt Integration.

    Dr. Johannes Blatt

    Schmerwitz, Gemeindevertreter in der Gemeinde Wiesenburg/Mark, Bündnis 90/Die GRÜNEN

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Hol dir die App

Ab sofort kannst du Zauche 365 ganz bequem auf deinem Smartphone lesen.

Login
Jeder veröffentlicht seins.

Deshalb freuen wir uns sehr, dass du mitmachen möchtest. Bevor du jedoch auf Fläming 365 Artikel veröffentlichen kannst, musst du dich registrieren lassen. Das dient deiner und unserer Sicherheit. Fülle deshalb bitte das folgende Formular aus: