Der HeilOrt ist schon da – und aktiv!
Bad Belzig. Hier stellen wir monatlich die einzelnen Therapeut:innen des HeilOrtes vor, die schon heute ein Stück HeilOrt Realität sein lassen. Das folgende Interview führte Birgit Finke mit Adelheid Köhn, die als Heilpraktikerin für Psychotherapie, NARM-Traumatherapeutin und Paartherapeutin arbeitet und auch online Sitzungen und Kurse anbietet. (www.therapie-manaia.de)
Mit einem traumasensiblen Blick kann man Themen anders und tiefer verstehen
Welchen Bezug hast du zu Bad Belzig und wie bist du dazu gekommen, hier therapeutisch tätig zu sein?
Ich bin vor 3 Jahren zum HeilOrt gestoßen, weil ich das Projekt spannend fand und es mich gereizt hat, mich mehr im Osten der Republik aufzuhalten. Durch meine therapeutische Tätigkeit hier in Bad Belzig habe ich viel über die Lebensrealitäten in der ehemaligen DDR erfahren, auch über die besonderen Schwierigkeiten der Wende, der Umbrüche, der Neuanfänge und das Besondere in Ost-West-Paarbeziehungen. Ich habe Einiges gelernt über die Reste der unterschiedlichen Lebenswelten, aber auch das Zusammenfinden von Ost und West. Es ist sozusagen die Annäherung an meine eigene Wiedervereinigung, die ich hier erlebe: Da kann auch etwas in mir heilen, was mir vorher nicht zugänglich war.
Was ist denn der Kern deiner therapeutischen Arbeit?
Ich bin Heilpraktikerin für Psychotherapie, habe eine systemische Ausbildung und mich weiter fortgebildet in Richtung Traumatherapie (NARM) und Paartherapie. Dadurch habe ich gelernt, einen traumasensiblen Blick auf die Themen zu werfen, mit denen Menschen zu mir kommen. Wobei Trauma hier nicht so sehr als Schocktrauma zu verstehen ist, sondern das, was wir heute Entwicklungstrauma nennen. Ungünstige Bedingungen im Kindesalter können dazu führen, dass Kinder bestimmte Überlebensstrategien entwickelt haben, die einmal Sinn gemacht haben, die sie aber leider als Erwachsene auch noch benutzen, obwohl sie dann eher hinderlich sind. Wenn Eltern dem Kind das Gefühl geben, dass es nicht richtig ist, wie es ist, wirkt sich das oft auf das erwachsene Selbstbewusstsein aus und spielt in aktuellen Konflikten oder Paarkonflikten eine Rolle. Mit einem traumasensiblen Blick kann man Themen anders und tiefer verstehen.
Gibt es denn spezielle Traumata, die eher im ehemaligen Osten auftauchen?
Neben den Umbrüchen der Wende in der Elterngeneration tauchen weitere Themen auf wie z.B., wenn Säuglinge lange in Wochenkrippen waren und keine sichere Bindung zu ihrer Mutter oder ihren Bezugspersonen aufbauen konnten. Dann kann sich das im Erwachsenenalter als tiefes Verlassenheitsgefühl auswirken, als Depression oder als Bindungsangst. Teilweise spielt das Thema Flucht und Vertreibung eine Rolle, z.B. wenn die Eltern oder Großeltern am Ende des zweiten Weltkrieges von russischen Streitkräften aus dem heutigen Polen vertrieben worden sind und im Osten Deutschlands gelandet sind, wo das nicht thematisiert wurde, weil zu Russland während der DDR-Zeit eine tiefe freundschaftliche Verbundenheit bestand. Diese transgenerationale Perspektive auf das Geschehen bringt teilweise tief verborgene Gefühle auf die eigene Geschichte zum Vorschein. Da kommen dann Menschen mit Symptomen, die z.B. nicht wissen, was sie im Leben wollen oder sich nicht beheimaten können. Auf der anderen Seite haben die Ahnen bestimmte Ressourcen entwickelt, wo wir dann schauen, wie sie heute zu nutzen sind.
Hast du aktuell einen Standort in Bad Belzig?
Ich habe meine Praxis hier drei Jahre lang geführt. Meine Lebensrealität hat sich aber geändert, so dass ich sie wieder aufgegeben habe. Beim Projekt HeilOrt arbeite ich noch mit und biete weiterhin online Sitzungen an. Für Menschen, die diese Erfahrung machen wollen, stehe ich gerne zur Verfügung. In anderen Ländern wie z.B. der USA ist das schon viel mehr verbreitet, therapeutische Begleitung online in Anspruch zu nehmen.
Bietest du sonst was anderes an?
Ich biete online Kommunikationskurse an, die sich mit Transparenter Kommunikation beschäftigen, d.h. wir beziehen Körperempfinden, Gefühle und kognitive Ebene mit ein, wenn wir sprechen. Aus dieser Perspektive kommen wir in einen anderen Kontakt zu uns selbst und auch zu unserem Gegenüber, so dass wir mit uns selbst und den anderen mehr und besser in Beziehung gehen können.
Weitere Informationen und Angebote sowie Möglichkeiten der Beteiligung und Unterstützung des HeilOrtes finden Sie unter: www.heilort.org
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