Werbig. Heiden haben wir in Brandenburg viele. Sie gehören zu den artenreichsten Landschaften. Nicht zuletzt deshalb ist der Erhalt dieser Gebiete eine wichtige Aufgabe des Naturschutzes.
„Das Land Brandenburg trägt eine ganz große Verantwortung in Europa für den Erhalt von Heiden“, so Steffen Bohl Leiter des Naturparks Hoher Fläming. Meist kennen wir sie von ehemaligen Truppenübungsplätzen. Dort wird durch die Nutzung der Baumbestand niedrig gehalten und die Heide kann sich entfalten. Fällt die Nutzung weg, muss Hand angelegt werden. Wie in der Werbiger Heide. Kürzlich trafen sich dort Interessierte, die mit Steffen Bohl und Förster Lutz Dikall eine Wanderung zu dieser schönen Landschaft unternahmen. Dabei erfuhren sie nicht nur etwas über die Heide und deren Pflege, sondern auch über den Waldumbau in Zeiten des Klimawandels. Das ist nicht einfach, wie Lutz Dikall erklärte, die sandigen Böden im Fläming sind nicht für jedes Gehölz geeignet. So wird auch hier experimentiert und mit etwas Geduld wachsen auch im Fläming viele Laubgehölze heran.
Dabei bedienen sich die Förster auch ungewöhnlicher Methoden. „Ein Baum, der in einer Baumschule vorgezogen wurde, wurde dort gehegt und gepflegt“, erklärt Lutz Dikall, „kommt er dann in den Wald, hat er mit den neuen Bedingungen zu kämpfen und geht oft ein.“ Am besten geht Waldumbau durch Naturverjüngung, das heißt also, die Bäume säen sich selbst aus oder Tiere tun das. Wie bei Eichen. Der Eichelhäher verteilt die Früchte im Wald, die sich dann selbst entfalten können. Da stellt Lutz Dikall auch schon mal Kisten mit Eicheln auf, wo sich der Eichelhäher bedienen kann. So wachsen Bäume auch ohne Zutun des Menschen und vor allem ist diese Methode auch die preiswerteste.
Quer durch den Wald bei Egelinde wanderten fast zwnazig Leute in Richtung Heide. Zwischendurch erklärte Steffen Bohl, wie die Heide gepflegt wird.
Im Mittelalter war die Heide weit verbreitet, zum einen durch Übernutzung von Wald, später dann durch die viele militärische Nutzung. Es ist heute noch so, dass die größten Heiden im Hohen Fläming auf einem aktiven Truppenübungsplatz sind. In Werbig haben wir einen ehemaligen Truppenübungsplatz der Polizeikräfte der DDR. Dieser war auch eine große Heide, viel größer als jetzt. Einen Teil davon konnte man nach der Wende erhalten. So wurden 20 Hektar nicht aufgeforstet, sondern als Naturschutzgebiet ausgewiesen.
Als Steffen Bohl 2014 in den Naturpark kam, hat er sich alle Schutzgebiete angeguckt und sah, dass die Hälfte der Heide ist schon wieder mit Kiefern bestanden war. Die Kiefer kommt auch, ohne dass der Förster sie pflanzt. Der Erhalt dieser Heide als extremer Lebensraum gehört zu den Aufgaben der Naturparkverwaltung, deshalb mussten die Kiefern weichen. So wurde zuerst mit dem Eigentümer Dr. Farbich gesprochen. Dieser war sehr kooperativ und hat die Kiefern entfernen lassen.
„Dann haben wir uns Heide-Experten geholt und die haben gesagt: Oh, total überaltert, 20 – 25 Jahre alt, verholzt, die blühen kaum noch“, erzählte Steffen Bohl. Mit zunehmendem Alter der Pflanzen nimmt die Blütenfreudigkeit ab und damit sinkt auch der Wert für Insekten. Was kann man also machen? Man kann alles abmähen und abfahren, mit viel Energieaufwand und viel Geld, das ist sehr schwierig. Die beste Variante ist Flämmen.
„Flämmen in Naturschutzgebieten ist eigentlich tabu, man kann sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass jemand vom Naturschutz im Naturschutzgebiet Feuer legt“, schmunzelt Bohl. Aber die Leute vom Naturschutz machen das natürlich nicht selbst, sondern beauftragen Profis. „Wir haben uns intensiv beraten, haben viele Studien gelesen, denn wir sind nicht die ersten, die das machen, sondern da gibt es sehr viele Erfahrungen“, so Steffen Bohl. Man muss unbedingt im Winter flämmen, weil sonst z. B. Vögel und Eidechsen sehr stark darunter leiden. Und dazu muss es besondere Wetterlagen geben und das ist ganz schwierig. Deshalb gab es in Werbig auch ein bisschen Anlaufschwierigkeiten. Zusätzlich muss man im Winterhalbjahr eine Trockenphase haben, die Luftfeuchtigkeit darf nicht zu niedrig sein, sonst gibt es zu viel Funkenflug. Und das könnte zum Fiasko werden, wenn man angrenzend sehr große Kiefernforsten hat. Man braucht Temperaturen unter zehn Grad und es muss ein schnelles Feuer sein. Das ist das Ziel. Dazu müssen die Pyrotechniker einige Vorbereitungen treffen.
Zuerst wurden 20 Meter breite Brandschutzstreifen gepflügt: darauf wird alle Vegetation beseitigt. Das ist recht teuer. Dann werden Gegenfeuer gelegt, um diesen Streifen auf ca. 50 m zu verbreitern, damit auf keinen Fall die angrenzenden Kiefernbestände durchs Feuer betroffen werden. Das Pflügen dauert einen Tag, die breiten Streifen Gegenfeuer dauern 3 Stunden. Wenn dann das Hauptfeuer entzündet wird, läuft es mit dem Wind in nur fünf Minuten über die zehn Hektar. „Ziel ist es, dass das Feuer schnell über die Fläche geht, so dass die Hitze max. 2 cm in den Boden eindringt. Eidechsen überwintern in 10 bis 20 cm tiefen Mauselöcher. Sie werden dadurch überhaupt nicht geschädigt“, beruhigt Steffen Bohl.
Aber was passiert beim Brennen? Alle sagen Oh, so viel CO2. Dafür gibt es Ökobilanzen. Wenn man alles mit einem Mulcher wegnimmt und dann kompostiert, wird mehr CO2 freigesetzt. Die Pflanzen zersetzen sich früher oder später sowieso und geben ihren Kohlenstoff in die Atmosphäre ab. Und man hat dazu noch den großen Aufwand mit fossilen Energien als notwendigen Treibstoff für die Maschinen. Deshalb ist das Flämmen klimaneutral, denn die Pflanzen binden zuvor das CO2.
Hoch ist auch der organisatorische Aufwand. Das Landesamt für Umwelt beauftragt mit dem Flämmen Fachfirmen, die auch die Verantwortung tragen und entsprechend versichert sind. Dann muss natürlich der ganze Krisenstab informiert werden, damit nicht die Feuerwehren der Region anrücken, weil Anwohner eine Rauchsäule melden – also auch viel Öffentlichkeitsarbeit im Vorfeld.
Und das Ergebnis? Nachdem die erste Teilfläche geflämmt wurde, gab es ein Monitoring, um die Auswirkungen auf die Insektenwelt festzustellen. Es wurden unglaublich viele Arten der Stechimmen, wie Wildbienen, Hummeln und andere Insekten nachgewiesen, die in Brandenburg sehr selten sind. Auch blühen die Pflanzen viel stärker und haben sich verdichtet. Der Aufwand hat sich also gelohnt.
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Eine Antwort
Dank an Eva Loth für den Artikel unserer Wanderung.
Videos vom Flämmen gibt es hier:
https://www.youtube.com/watch?v=ns_NtGTjUBs
https://www.youtube.com/watch?v=-mJ1NV_Rko4