Finden – Ankommen – Hierbleiben

Wiesenburg/Mark & Bad Belzig, Klein Glien. Das Projekt „Perspektivfabrik Hoher Fläming“ des Arbeits- und Ausbildungsfördervereins Potsdam-Mittelmark e.V. ist in das Förderprogramm „Neulandgewinner – Zukunft erfinden vor Ort“ der Robert Bosch Stiftung aufgenommen worden. Unter dem Motto „Finden-Ankommen-Hierbleiben“ möchte man den Hohen Fläming für Rückkehrer und Neuzuziehende interessant machen und ihnen einen Ansprechpartner geben. So ist nun Barbara Klembt Neulandgewinnerin, denn hinter den Projekten steht immer eine Person, wohlwissend, dass die Arbeit auf viele, zumeist ehrenamtliche Schultern verteilt wird.

Barbara Klembt hat die Aktivitäten der Neulandgewinner in deren Jury kennengelernt. Ihr Interesse war sofort geweckt. Als sie über die Ausschreibung der vierten Runde gelesen hatte, wusste sie sofort, dass ist auch etwas für unsere Region. Sie holte Mitstreiter ins Boot, erste Ideen wurden besprochen und abgeschickt. Das Projekt, an dem sich seit drei Jahren auch das Land Brandenburg beteiligt, wird über zwei Jahre mit einem Budget von 50.000 Euro gefördert. Darin enthalten sind Beträge für Honorare, aber auch anfallende Mietkosten wie jetzt für die Bahnhofsgenossenschaft. Dort wird sich zukünftig ein Büro befinden, in dem Gespräche geführt werden können.

Inhalt des Projektes ist es, Personen, die in die Region ziehen, aber auch solche, die zurückkehren möchten, zu unterstützen, damit sie sich hier wohl fühlen. Dabei geht man nicht selbst auf die Suche zum Beispiel nach Wohnraum, liefert aber Informationen, wohin sich Interessenten wenden können. Vor allem geht es darum, in den Orten ein gutes Miteinander zu unterstützen, damit sich aus dem Zuzug ein Mehrwert für alle ergibt. Man will herausfinden, mit welchen Erwartungen „Neubürger“ kommen, was diese aber auch selbst zu leisten bereit sind. „Wenn unser Lebensraum attraktiv bleiben soll, müssen wir etwas dafür tun“, so Barbara Klembt. Auch wenn sie weiß, dass man nicht die heile Welt hinbekommen wird. Denn nicht jeder versteht auf Anhieb das Dorfleben.

Ein nächster Schritt wird sein, die Stadt Bad Belzig und das Amt Niemegk in die Arbeit mit einzubinden, da diese ähnlich gelagerte Probleme haben. Dazu wird man eng mit dem Netzwerk Hoher Fläming zusammen arbeiten.

Träger des Projektes ist der Arbeits- und Ausbildungsförderungsverein Potsdam-Mittelmark e.V. Dieser ist seit 28 Jahren in der regionalen Entwicklung tätig und wird sich auch inhaltlich in das Projekt einbringen. Das bestätigte Geschäftsführer Dr. Johannes Blatt auf der kürzlich stattgefundenen Pressekonferenz im Wiesenburger Bahnhofscafe. „Der Rückgang der Bevölkerung ist zwar nicht mehr so stark, geht aber weiter“, so Blatt, „dem müssen wir entgegenwirken.“ Die Region sei sehr attraktiv für einen Zuzug, was die Vergangenheit bereits bewiesen hat, so seine Meinung. Jetzt sei es wichtig durch eine gute Vernetzung potentiellen Neubürgern zu zeigen, was die Region für Möglichkeiten bietet. Dazu müsse man wissen, über welche Kanäle man Zuzugswillige ansprechen kann. Eine enge Zusammenarbeit mit Coconat in Klein Glien wird dabei eine große Rolle spielen, denn dort hat man bereits eine Brücke zwischen Stadt und Land geschlagen.

Nun stellt man sich die Frage, wie man auf die Leute zugehen kann. „Dazu gibt es bereits Ideen“, so Barbara Klembt. Es wird eine Internetpräsenz entstehen und Druckmaterialien in Auftrag gegeben, um damit an die Öffentlichkeit gehen zu können. Gute Gedanken müssen zusammengetragen werden. Außerdem müsse man ausloten, wo überhaupt eine Neuansiedlung möglich ist. Das beinhaltet auch ein aktives Zugehen auf Interessenten. Oftmals besitzen Menschen größere Gehöfte, die sie nicht mehr allein bewirtschaften können. Manche möchten sich schon zu Lebzeiten um potentielle Nachfolger kümmern. Auch andere Wohnungsvermieter sollten mitwirken. Wer aber hätte Interesse daran, aufs Land zu ziehen? Da müssen für viele die Voraussetzungen stimmen.

Aber die Nachfrage ist durchaus da, bestätigt auch Wiesenburgs Bürgermeister Marco Beckendorf. Nach den Workshops des Projektes „Landwärts“ gab es auf Anhieb 150 Anfragen. Vor allem gehe es darum, Hemmnisse abzubauen, so Beckendorf. Man muss die Menschen einladen und Gespräche führen, denn auf dem Land sind die Strukturen nun einmal anders als in der Stadt. Jedoch sind auch einige „harte“ Faktoren zu beachten. Das beginnt beim Wohnraum. 80 % befinden sich in der Region im Privatbesitz, nur 20 % sind Mietobjekte. Sogenannte „Schnupperwohnungen“, die es bereits in anderen Gebieten gibt, wären ein gute Idee, ergänzte Barbara Klembt. Da könnten Zuzugswillige für ein paar Monate probewohnen und so herausfinden, ob das Leben auf dem Land etwas für sie ist. Deshalb müsse man für alle Möglichkeiten offen sein, so der Bürgermeister und bringt das Smart Village Projekt in Wiesenburg/Mark ins Gespräch mit einer außergewöhnlichen Idee. Sollte dieses umgesetzt werden können, bestände die Möglichkeit, sogenannte Tiny-Häuser aufzustellen. Man würde dann zwar auf kleinstem Raum leben, hätte aber für Job und anderes große Räume auf dem Gelände der ehemaligen Brauerei zur Verfügung. Auch wenn so erst einmal nur eine kleine Zielgruppe angesprochen wird, das Beispiel könnte Schule machen. Der andere Faktor wären Arbeitsplätze und damit verbunden Kitas und Schulen und die dazugehörigen Verbindungen mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

Bis Ende 2020 kann die Perspektivfabrik nun versuchen, ihre Ideen umzusetzen. Eine zahlenmäßige Abrechnung ist nicht vorgesehen, das Projekt darf auch scheitern. Das ist natürlich nicht der Anspruch der Akteure. „Das Schlimmste, was uns passieren kann ist, dass eine gegeninitiative entsteht und sich alle gegenseitig ausbremsen“, so Barbara Klembt. Deshalb muss die Bevölkerung von Anfang an mit einbezogen werden. Dazu bedarf es viel Fingerspitzengefühl. Am 3. April wird es eine Auftaktveranstaltung geben, zu der unter anderem auch Ortsbeiräte dazu gebeten werden. Dann wird sicher auch schon feststehen, ob es bei dem Namen „Perspektivfabrik Hoher Fläming“ bleiben wird und wie die neue Internetpräsenz heißt. Bis dahin kann man sich mit  allen Ideen zur Projektumsetzung, aber auch für die Mitarbeit an die Verwaltung der Gemeinde Wiesenburg/Mark wenden.

Siehe auch Artikel „Perspektivfabrik Hoher Fläming“ wurde von der Robert Bosch Stiftung als „Neulandgewinner“ ausgezeichnet

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