Die gute Seele des Dorfgemeinschaftshauses Reetz

Wiesenburg/Mark, Reetz. Das Reetzer Dorfgemeinschaftshaus wird rege genutzt. Nachdem es nun keine Gaststätte mehr im Ort gibt, ist es das einzige Gebäude, in dem ein etwas größerer Raum für Festlichkeiten zur Verfügung steht. Da muss man schon schnell sein mit der Anmeldung für eine Feier. Außerdem wird der Raum von den Gymnastikfrauen und für Versammlungen genutzt. Damit alles seine Ordnung hat und sich keine Termine überschneiden, braucht man jemanden, der sich um alles kümmert.

In Reetz ist das seit vielen Jahren Alma Friedrich. Fein säuberlich notiert sie in ihrem Kalender alle Veranstaltungen, rückt vorher Tische und Stühle zurecht und zählt nachher akribisch Teller, Tassen und Besteck. Alles muss stimmen, schließlich ist man froh, dass Geschirr zur Verfügung steht und die Leute nichts selbst von zu Hause mitbringen müssen. So ist Alma Friedrich die gute Seele des Dorfgemeinschaftshauses.

Aber die 79 jährige ist keine gebürtige Reetzerin. Sie stammt aus Klöstitz in Bessarabien. Viele werden jetzt fragen: Wo ist denn das? „Es liegt an der Grenze zwischen Rumänien und Moldawien“. Erklärt Alma Friedrich. Ihre Vorfahren, die aus dem damals deutschen Posen stammten, waren dorthin ausgewandert. In der Hitlerzeit hieß es dann jedoch – alle Deutschen heim ins Reich. So musste die Familie im September 1940 ihren Heimatort verlassen. Alma Friedrich war damals gerade ein halbes Jahr alt. So kam die Familie zuerst nach Riesa in ein sogenanntes Auffanglager. Dann schickte man sie in die Nähe von Posen, nachdem die polnische Bevölkerung von dort vertreiben worden war.

Aber kurz vor Kriegsende musste die Familie auch von dort wieder weg. So kam Alma Friedrich mit ihrer Mutter und den beiden Brüdern am 16. Februar 1945 nach Reetz. Ihr Vater kam erst 1949 aus russischer Gefangenschaft zurück. In Reetz lebten sie in verschiedenen Häusern bei verschiedenen Familien. Man hatte immer nur ein Zimmer, denn die Häuser waren klein. Auf tragische Weise verlor Alma Friedrich dann ihre beiden Brüder. An einen Feldrand wurde eine Granate gelegt, die eigentlich den Bauern treffen sollte, dem der Acker gehörte. Aber die beiden Jungen waren zeitiger dort als der Bauer, spielten mit der Granate, die schließlich explodierte. So war Alma Friedrich bis 1954 das einzige Kind, bis in dem Jahr ihr kleiner Bruder geboren wurde. 1958 baute die Familie ein Haus in der Grüne-Grund-Straße, in dem sie heute noch lebt. Pünktlich zu Weihnachten konnte man einziehen.

Alma Friedrich ging in Reetz zur Schule, beendete diese, wie damals üblich, mit der 8. Klasse. Das junge Mädchen wollte Friseurin werden, aber in der Umgebung waren alle Lehrstellen besetzt. Nur in Potsdam war noch etwas frei, aber ihr Vater wollte seine Tochter nicht gehen lassen. Schließlich hatte er sie in den Kriegsjahren schmerzlich vermisst. Aber Alma Friedrichs Vater war „pfiffig“. Stets hörte er sich um, wo eine Stelle frei war und so konnte sie schließlich in der Reetzer Bäckerei Hansche anfangen. Dort bleib sie vier Jahre. „Mit der Zahl vier hatte ich es“, schmunzelt die 79 jährige heute. Denn auch in der Molkerei in Wiesenburg arbeitet e sie danach vier Jahre im Büro.

Alma Friedrich war im Reetzer Sportverein als Geräteturnerin aktiv. Dort lernte sie ihren Mann Werner – ebenfalls Geräteturner- kennen. Das war 1957. Und wie sollte es anders sein, vier Jahre später wurde geheiratet. Ihre Tochter Marina kam zur Welt, später Sohn Hubert. Nach der Geburt der Tochter hörte Alma Friedrich, dass im Kindergarten eine Urlaubsvertretung gesucht wurde. Das Ergebnis war, sie blieb wiederum vier Jahre dort. Dann wechselte sie in die neu errichtete Kinderkrippe. Das hieß aber erst einmal, eine entsprechende Ausbildung zu machen. Dort arbeitete sie dann, diesmal nicht vier, sondern 23 Jahre. 1991 wurde die Krippe in Reetz geschlossen und in die Kita integriert. So ging Alma Friedrich für ein Jahr in die Schulküche und war anschließend bis zur Rente sozusagen Mädchen für alles. Sie half in der Schulküche, bei der Essensausgabe und in der Kita aus.

Der Sportgemeinschaft ist Alma Friedrich bis heute treu geblieben. Die jährliche Winterwanderung macht sie regelmäßig mit. Und mit dem Dorfgemeinschaftshaus hat sie seit dem Tod ihres Mannes eine Aufgabe gefunden, die ihr keine Langeweile erlaubt.

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