Reetz: Zum Gedenken an die Reichsprogromnach

Reetz. Derzeit werden überall wieder die Stolpersteine geputzt. Die Aktionsgruppe Stolpersteine aus Kleinmachnow hat dazu aufgerufen, dies auch in unserer Region zu tun. Diesen Vorschlag griff Daniela Rabinowitsch aus Wiesenburg sofort auf, ist sie doch selbst betroffen. „Mit der Aktion wollen wir ein deutliches Zeichen gegen den Rechtsextremismus setzen“, sagte sie.

Stolpersteine wurden an vielen ehemaligen Wohnstätten von Opfern des Holocaust verlegt. „Für viele ist das der einzige Ort, wo sie hingehen und trauern können“, so Daniela Rabinowitsch. Für die meisten Opfer existiert kein Grab, sie wurden von den Nazis einfach in Massengräbern verscharrt. In Reetz gibt es einen Stolperstein für Israel Rabinowitsch. Er ist der Urgroßvater von Daniela Rabinowitsch. Zusätzlich gibt es noch einen Gedenkstein auf dem Friedhof.

Am vergangenen Montag hatte Daniela Rabinowitsch ihre Familie zusammengerufen, um den Stein zu putzen und gleichzeitig des Ermordeten zu gedenken.

Israel Rabinowitsch wurde in Kiew geboren und kam als russischer Kriegsgefangener im ersten Weltkrieg nach Reetz. Bei der Arbeit im Sägewerk lernte er seine spätere Frau Anna kennen und lieben. Er nahm den protestantischen Glauben an und beantragte die deutsche Staatsbürgerschaft. Diese hat er jedoch nie erhalten. Er galt weiterhin als staatenlos. Für diese gab es spezielle Ausweise. Dieser ist noch im Besitz von Enkel Manfred Rabinowitsch aus Jeserig. Israel Rabinowitsch war als Jude registriert, was ihm in der Nazizeit zum Verhängnis wurde. Er wurde vom Ortsbauernführer angeschwärzt und 1943 verhaftet. Er kam zum Verhör nach Potsdam. Von dort erreichte  die Familie noch einmal ein Lebenszeichen in Form eines Briefes. Da war Israel Rabinowitsch noch der Meinung, er würde bald wieder zu Hause sein und sollte nur arbeiten. Er bat seine Familie um Arbeitshosen und Schuhe. Das nächste, was die Familie bekam, war die Nachricht von seinem Tod in Auschwitz. Angeblich sei er an einer Lungenentzündung verstorben.

Die Todesursache ist für die Familie völlig unglaubwürdig. Die Zeit in Auschwitz war einfach zu kurz, um daran zu sterben. Die ganze Wahrheit kam natürlich erst nach dem Krieg ans Licht. „Runter vom Laster und gleich ermordet“, ist die Meinung von Sieghart Rabinowitsch. Kennengelernt hat keiner der Anwesenden den Großvater. Sieghart Rabinowitsch erinnert sich nur an das Foto, was bei der Großmutter über dem Bett hing. Auch in dem ehemaligen Wohnhaus war er noch. Die Großmutter wurde nicht behelligt, da sie Deutsche war. Zu DDR Zeiten wurde wenig über das Schicksal des Großvaters gesprochen. Trotzdem hat das Thema in der ganzen Familie immer noch einen großen Stellenwert. Immerhin wurde die Großmutter als Opfer des Faschismus anerkannt, was auch bei der Rente berücksichtigt wurde.

Dass Israel Rabinowitsch nicht schon viel früher verhaftet wurde, hat er Richard Senst zu verdanken. Der damaligen Leiter der Ziegelei setzte sich sehr für seinen Angestellten ein und hielt, soweit ihm möglich, seine schützende Hand über ihn. Der Ortsbauernführer, der Israel Rabinowitsch verraten hatte, wohnte im heutigen Sensthof. Deshalb war es auch Dieter Wankmüller, dem heutigen Eigentümer, ein Bedürfnis, bei der Aktion dabei zu sein. „Wenn man mich fragen würde, wer ist ein Held des Dorfes, so würde ich Richard Senst nennen“, so Wankmüller.

Zum Gedenken schmücken nun einige weiße Rosen den Stein und erinnern an Israel Rabinowitsch.

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