„Schöne Aussicht“ ist wieder da – Der Blick vom Turm bei Groß Briesen lohnt

Groß Briesen. „Lieber Andreas, du hast doch gute Beziehungen. Kannst du herausfinden, ob der Turm noch mal wieder freigeschnitten wird? Viele Grüße! Gerke Pachali“, schrieb mir im April der ehemalige Krahner Pfarrer. Pachali meinte den Aussichtsturm „Schöne Aussicht“ bei Groß Briesen. Die guten Beziehungen bezogen sich darauf, dass ich als Journalist etwas in Erfahrung bringen könnte. Da Pachali im Mai seine Anfrage erneuerte, beschloss ich dem Problem auf den Grund zu gehen. Also fragte ich bei der Stadtverwaltung Bad Belzig und machte mich parallel auf den Weg.

An der Waldkante von Ragösen in Richtung Groß Briesen fahrend, in Sichtweite von Klein Briesen parkte ich den Wagen und zog los, 1.9 Kilometer zeigte der Wanderwegweiser an. Der Turm ist an dieser Stelle gemeinsam mit dem Burgenwanderweg und dem Europa-Wanderweg E11 ausgeschildert. Dem sandigen Waldweg merkte man nicht an, dass es vor kurzem geregnet hatte, es staubte gewaltig. Vorbei an in Baumstämme eingewachsenen Jagen-Tafeln und -steinen führt der Waldweg zum Turm leicht bergan. Keine allzu große Schwierigkeit. Kurz vor dem Steilabhang geht es nach links und nach etwa 300 weiteren Meter kommt der Turm in Sicht. Das 1996 vom Landkreis errichtete Bauwerk ist knapp elf Meter, genau 10,83 Meter hoch. Über 57 Stufen gelangt man hinauf. Im Jahr 1996 wurde der Aussichtsturm an der Steilböschung vom Landkreis errichtet. Damals befand sich der Wald noch in der Verwaltung der Treuhand. Als das Areal privatisiert wurde, hatte keiner mehr an den Turm gedacht, so dass er jetzt auf Privatgrund steht.

Gerke Pachali erinnert sich:

„Ein Jahr nach der Eröffnung, im Mai 1997 zählte ich von dem Turm zwölf Kirchtürme. Von Wollin im Westen, über Brandenburg im Norden und bis nach Damelang im Osten konnte man sie sehen, bei schönem Wetter war gar der Fernmeldeturm auf dem Schäferberg in Berlin-Wannsee zu sehen”.

Das hat er im Februar vermisst. Nun er hat in einem Recht. Wollin und Damelang erkannt man nicht mehr, die Kiefern rechts und links des Stahlturms sind zu hoch. Allerdings wurde die Sichtachse in Richtung Brandenburg/H. freigeschnitten, erst etwa 50 Meter vor dem Turm, etwas tiefer, schon im Steilhang stehen die ersten Bäume. In der Breite hat die Schneise rund 200 Meter.

Im Augenblick behindern sie die Sicht nicht. Trotz des etwas diesigen Wetters an meinem Besuchstag war die Katharinen-Kirche in der Domstadt auszumachen. Luckfleiß lag wie auf dem Präsentierteller im Tal vor uns, die Windkraftanlagen jenseits von Golzow drehten sich im Wind und auf der Autobahn waren die Lastwagen deutlich sichtbar.

Mein Resümee lautet: Besuch lohnt. Wer von dem Spaziergang ermattet ist, kann sich auf einer, zugegebenermaßen leicht maroden Naturbank am Fuß des Turms miederlassen und erholen. Schade nur, dass der Turm kaum beworben und empfohlen wird, er ist auf jedem Fall eine Reise wert. Hier an der Steilkante versteht man, weshalb man beim Fläming manchmal vom nördlichsten Mittelgebirge Deutschlands spricht.

Wer das Abenteuer vollends ausleben will, dem sei, ob mit Fahrrad oder Auto eine Abfahrt über den Plattenweg in Richtung Golzow oder Lucksfleiß empfohlen. Der Weg windet sich serpentinenähnlich den Hang hinab, zwischendurch schimmert noch die alte Feldsteinchaussee hindurch. Dann wird auch klar, dass hier früher der alte Weg von Golzow nach Briesen verlief. Schon bei Karl May taucht die Beschreibung auf. May lässt jedoch seinen Protagonisten warnen. „In der Nacht ist der Weg gefährlich, Wölfe, Bären und Räuber lauern auf den einsamen Wanderer“, heißt es bei ihm in der Erzählung „Wildwasser“, die im Band 69 „Ritter und Rebellen“ der „Gesammelten Werke“ erschienen ist. Bis auf die Wölfe, die sich auch heute noch manchmal zeigen, sind die sonstigen Gefahren eher gering. Über die Temnitzbrücke fahrend erreicht man Lucksfleiß, von hier aus ist es nur noch ein Katzensprung nach Hammerdamm, einem ehemaligen Vorwerk und Schäferei, aus Raseneisenerzsteinen errichtet und bald ist man in Golzow. Ende des Abenteuers.

Als ich nach der Wanderung meine E-Mail durchguckte war auch schon die Antwort aus Bad Belzig da. „Sehr geehrter Herr Koska, nach Rücksprache mit dem Bürgermeister möchte ich Ihnen mitteilen, dass für diese Angelegenheit der Landkreis Potsdam-Mittelmark Ansprechpartner ist. Daher bitte ich Sie, sich mit der Pressestelle des Landkreises in Verbindung zu setzen. Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende und verbleibe mit freundlichem Gruß. Im Auftrag, Anke Siewert“, teilte mir die Pressesprecherin der Stadt mit. Nun habe ich entschieden beim Landkreis nicht nachzufragen, denn die „Schöne Aussicht“ bietet wieder schöne Aussicht. Ich hoffe, dass Gerke Pachali es auch so sieht.

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