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Der Umbau der S-Bahn in Klein Glien beginnt

Klein Glien. Zum Umbau der S-Bahn ein Gespräch mit Stefanie Röder, Projektleitung Mobilitätscampus Smart Village e.V.

Eva Loth: Die S-Bahn steht ja jetzt schon seit drei Jahren auf dem Grundstück des Coconat in Klein Glien. Warum erfolgt jetzt erst die geplante Umsetzung der Umbauarbeiten? So viel man weiß, sollen dort Arbeitsplätze entstehen.

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Ralf Meinsen und Stefanie Röder

Stefanie Röder: Genau, es dauert immer ein bisschen, bis man ein solches Projekt überhaupt realisieren kann. 2021 wurde die S-Bahn auf das vorher professionell angelegte Gleisbett gesetzt. Ein Tieflader kam, ein Kran schaukelte die S-Bahn durch die Luft und die Bürger staunten. Es war ein richtig kleines Happening hier.

Dann hat aber erst richtig die Arbeit begonnen. Wir mussten nämlich mit einer Architektin einen Bauantrag stellen. Und wie das immer so schön ist, es war kein Standardgebäude, das da einfach gebaut oder umgebaut werden sollte, sondern schon ein bisschen was Außergewöhnliches. Das, so glaube ich, auch für das Bauamt neu war, und man sich erst einarbeiten musste. Und so hat einfach die Baugenehmigung sehr, sehr viel Zeit in Anspruch genommen.

Denn so eine S-Bahn hat ihr Eigenleben. Die kann z.B. nicht herkömmlich gedämmt werden wie das nach dem Gebäudeenergiegesetzt für ein Neubau-Haus erforderlich ist. Das heißt, wir mussten ebenso in alle Tatbestände nochmal reinschauen, wie auch das Bauamt. Die Baugenehmigung wurde dann endlich im Frühjahr 2024 erteilt. Es folgte der Austausch mit einigen Sachverständigen. Mit der Unteren Denkmalschutzbehörde mussten wir uns auf bestimmte Materialien und Farbgebung usw. einigen, weil zwar die Bahn nicht denkmalgeschützt ist, aber sie steht in der Umgebung von einem Denkmal. Dann haben wir auch das Thema Fledermäuse. Das betrifft vor allem die alten Hühnerställe neben der S-Bahn. Diese ganzen Stellen einzubinden dauert einfach.

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Alt und neu

Wir hatten ja glücklicherweise eine Zusage für eine Förderung von der ILB bzw. der Staatskanzlei des Landes Brandenburg für die investiven Maßnahmen, also für den Umbau der S-Bahn. Da wird zwar nicht alles finanziert, aber ein Großteil. Wir sind dann in eine öffentliche Ausschreibung für den Um- und Ausbau gegangen, was auch viel Zeit in Anspruch nimmt. Die Ausschreibung muss vorbereitet werden und eine gewisse Zeit veröffentlicht sein, bevor man den Zuschlag erteilen kann. Alles in allem nimmt das auch rund drei Monate in Anspruch.

Eva Loth: Und war es sehr schwer, jetzt diese eine Firma zu finden, die diesen Umbau macht?

Stefanie Röder: Wir waren ein bisschen aufgeregt, ob wir denn auf unsere öffentliche Ausschreibung wirklich Angebote bekommen. Gerade, weil der Umbau des S-Bahnwaggons in einen Arbeitsort irgendwo ein Sonderfall ist. Das macht nicht jedes Unternehmen, dazu braucht man schon auch etwas technisches Know-How und Hintergrundwissen. Und das zweite ist natürlich, dass unterschiedlichste Gewerke zusammenkommen müssen. Wenn wir wirklich jedes einzelne Gewerk hätten einzeln beauftragen müssen – da wären wir in zehn Jahren noch nicht fertig. Wir haben dann mit dem Kompetenznetz Rail Berlin-Brandenburg ein Unternehmen gefunden, das als Netzwerk verschiedener Firmen bereits viele Bahnwaggons umgebaut und somit Erfahrung hat.

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Bauleiter Ralf Meinsen

Sie haben ihren Sitz in Brandenburg an der Havel, sind also wirklich ein Brandenburger Unternehmen. Es freut uns sehr, dass das Geld dann auch in die Region fließt. Für uns ist natürlich auch positiv, dass es kurze Wege sind. Ralf Meinsen, Geschäftsführer von Kompetenznetz Rail B-BB, braucht eine Dreiviertelstunde und dann ist er hier, falls Probleme auftauchen. Er hat die gesamte Projektleitung, inklusive der einzelnen Gewerke, die erforderlich werden. Wir brauchen ja Leute, die schleifen, lackieren, Malerarbeiten und innen Aufbauarbeiten machen.

Es muss wirklich alles ausgebaut werden, damit man den Boden bearbeiten kann, die Seitenwände, die Trennwände, die Polster, das muss ja alles aufgearbeitet werden. Wir brauchen dann, weil es ja ein Arbeitsort werden soll, auch maßgeschneiderte kleine Tische. Für all das braucht man natürlich jemanden vor Ort. Und mit Ralf Meinsen haben wir jemanden, der schnell erreichbar ist.

Eva Loth: Das hört sich schon mal gut an. Was passiert jetzt ganz genau im Inneren? Was muss jetzt gemacht werden? Wir haben ja gesehen, eine Dämmung muss rein, die auf recht ungewöhnliche Weise dort hineinkommt.

Stefanie Röder: Genau. Es soll ja möglichst nachhaltig ausgebaut werden, das heißt, wir werden dämmen, soweit das eben möglich ist. Wir haben natürlich eine hohe Einstrahlung und somit Hitzeentwicklung übers Dach. Das heißt, es war klar, dass das Dach bzw. die Decke gedämmt werden muss. An der Decke sind Holzverkleidungen mit Leisten und wir dachten so schön, die kann man einfach abmachen, dann kommt die Dämmung darunter und dann werden sie einfach wieder angeschraubt.

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Löcher der Deckenleuchten

Die Mitglieder vom Verein historische S-Bahn haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. „Nehmt das bloß nicht raus, das kriegt ihr nie wieder fest, weil das Einzelteile sind“, sagte man uns. Und das ist alles natürlich auch alt und damit teilweise ein bisschen mit Vorsicht zu behandeln. So kam Ralf Meinsen auf eine andere Idee. Wir haben ja die Deckenleuchten und die müssen sowieso alle erneuert werden. Und über die Löcher der Deckenleuchten werden wir jetzt die Dämmung quasi rein blasen.

Eva Loth: Das ist ja schon mal eine ganz ungewöhnliche Methode. Aber das was in der S Bahn drin war, Bänke usw., wird das teilweise auch wieder eingebaut und wieder genutzt?

Stefanie Röder: Genau. Wir wollen möglichst den Charakter erhalten. Deswegen sind wir auch sehr dankbar, dass wir – nach Rücksprache mit der Denkmalschutzbehörde – die Farbgebung so lassen dürfen.

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das alte Innenleben

Wir versuchen auch im Innenausbau z.B. die Sitzbänke zu erhalten und die Original-Farbgebung und Materialität zu berücksichtigen. Wir versuchen möglichst originalgetreu nachzumachen, was erneuert werden muss und das zu erhalten, was zu erhalten ist, wie z.B. die Trennwände. Aber es muss natürlich funktional sein, denn der Plan ist ja, Arbeitsplätze zu schaffen, die von den Bürgerinnen und Bürgern hier genutzt werden können.

Es werden einzelne kleine Arbeitsplätze sein. Aber wir werden auch einen Bereich haben, wo man an Stehtischen in einer kleinen Gruppe arbeiten kann. Wir werden einen hinteren Bereich haben, den wir mit einer transparenten Schallwand abtrennen, so dass man einen kleinen Besprechungsraum hat, um das ungestörte Arbeiten in der S-Bahn zu ermöglichen, aber gleichzeitig auch Besprechungen durchzuführen.

Eva Loth: Das heißt also, sowohl für private Personen als auch für kleine Firmen ist das ja durchaus geeignet.

Stefanie Röder: Genau. Wenn Firmen Mitarbeiterinnen haben, die hier vor Ort remote (wie man so schön sagt) arbeiten können, vom Homeoffice aber die Nase voll haben, können sie auch hierherkommen und arbeiten. Wir wollen auf jeden Fall auch unterstützen, dass Leute, die sich mit dem Thema Mobilität im ländlichen Raum befassen, hier einen Platz zum arbeiten finden. Dass sie die Bahn als einen Ort nutzen können, um Ideen zu spinnen, um ein Netzwerk aufzubauen, um dort auch Projekte an den Start zu bringen, die die Mobilität hier mitgestalten. Schließlich heißt es ja auch: Mobilitätscampus.

Eva Loth: Welche Kosten müssen die Nutzer denn aufbringen, um hier arbeiten zu dürfen oder zu können?

Stefanie Röder: Wir sind im Moment ein vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gefördertes Smarte.Land.Regionen Projekt. Das ermöglicht uns die vielen Veranstaltungen durchzuführen und die Angebote zu machen. Auch meine Stelle ist darüber finanziert, damit ich mich um den Ausbau kümmern kann.

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Hackathon Gruppensession

Aber eben auch um das Programm, das wir ja bei der Kreativsause schon sehr gut umgesetzt haben. Und der Vorteil für unsere Nutzer, die ab Mai nächsten Jahres dann auch hier Coworken oder die S-Bahn insgesamt nutzen können ist, dass es ein kostenfreies Angebot ist, solange wir diese Förderung haben. Also das gesamt Jahr 2025.

Eva Loth: Wie ist das jetzt mit den Kosten insgesamt? Was kostet dieser ganze Um und Ausbau und woher kommt dieses Geld?

Stefanie Röder: Wir haben durch die ILB bzw. durch die Staatskanzlei des Landes Brandenburg, eine Förderung bekommen. Das haben ja viele Projekte hier in der Region für sich in Anspruch genommen. Das Programm heißt „Zusammenhalt in kleinen Gemeinden und Städten“. Darüber bekommen wir eine Förderung für den Ausbau, also dass, was wirklich rein den Bau betrifft. Das finanziert einen Großteil des S- Bahn Ausbaus.

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HackDay_Coding an der S-Bahn

Eine zweite Förderung erhalten wir als lokales Projekt der Smarte.Land.Region Potsdam-Mittelmark. Denn der Landkreis Potsdam-Mittelmarkt ist ja Smarte.Land.Region, also ein Modellprojekt. Wir haben uns erfolgreich beworben, um den Mobilitätscampus mit Leben und Themen zu füllen. Das heißt einmal, die Arbeitsplätze hier anbieten zu können, aber auch Veranstaltungen zu machen. Wir hatten z.B. schon Info-Veranstaltungen zum Thema „Die digitale Mitfahrbank Comby“ des Landkreises PM hier und Nutzer Tests wurden hier durchgeführt.

Auch waren wir im Rahmen der Kreativsause im Juli sehr aktiv. Dazu haben wir tatsächlich auch die S-Bahn aufgerüstet. So ein bisschen als Pop Up Arbeitsplatz, und sie ist dann auch gerne genutzt worden. In der Kreativsausen-Woche hatten wir ein buntes Programm zusammengestellt, das unterschiedliche Zielgruppen ansprach – zu unterschiedlichen Themen. Zum Beispiel stellte ein Unternehmen sein betriebliches Mobilitätskonzept vor, für das sie von der Deutschen Bahn prämiert wurden. Der Geschäftsführer präsentierte, wie sie im Unternehmen z.B. die Zahl der Firmenwagen bzw. Firmenfahrten mit dem PKW reduziert haben.

Wir hatten eine Infoveranstaltung mit der Mobilitätsbeauftragten des Landkreises Potsdam-Mittelmark, die verantwortlich ist für die Mobilstationen. Eine soll ja hier auch entstehen, auf dem direkt an den Mobilitätscampus angrenzend Gelände. Die Stationen werden modular geplant, mit bedarfsorientierten und sinnvollen Mobilitätsangeboten. Wie zum Beispiel ein Fahrradverleih, eine Ladestation für E-Bikes oder für E- Autos, idealerweise auch ein Car-Sharing.

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Mobilitätscampus – Vortrag

Und wir hatten rund 35 Teilnehmer:innen bei dem von uns, mit vielen Partnern gemeinsam organisierten „HackDay“. 25 Stunden haben sich Interessierte aus der Region und weit darüber hinaus mit dem Thema Mobilität beschäftigt. Dabei waren Mobilitätsfachleute, Programmierer („Hacker“), Bürger:innen etc. Was braucht man hier, was hilft weiter in Sachen Mobilität, welche digitalen Lösungen gibt es?

Sechs Teams hatten sich gebildet und am Ende ihre Ergebnisse präsentiert. Unsere hochkarätige Jury mit Vertreter:innen der DB mindbox, des VBB, der Dorfbewegung und der Tourismus-Marketing Brandenburg waren begeistert von den Resultaten und zeigten Perspektiven für die Ideen auf. Die Veranstaltung war aus unserer Sicht sehr, sehr erfolgreich.

Ein Team hat sich beispielsweise damit auseinandergesetzt, wie man Mitfahrbänke in eine Routenplanung integrieren kann. Wir kennen das ja so, dass man in einer Routenplanungs-App angibt, dass man von A nach B möchte. Und dann zeigt diese an, ich muss so viel Fußweg machen, dann kann ich den Bus nutzen, dann nehme ich die Bahn. Aber wir haben ja nun mal das Problem der letzten Meile und dafür gibt es auch Mitfahrbänke. Diese Idee greift ja u.a. die digitale Mitfahrbank Comby auf. Sie schafft über eine digitale Anwendung ein bisschen mehr Planungssicherheit („werde ich wirklich mitgenommen“) und auch die Sicherheit, mit wem fahr ich, weil man sich registrieren muss.

Die entstandene Idee ist nun, durch Messungen eine Durchschnitts-Wartezeit ermitteln, je nachdem wo so eine Mitfahrbank ist, welche Tageszeit ist etc. Hier an der vielbefahrenen Straße ist es wahrscheinlich sehr viel schneller, dass man mitgenommen wird als an einem Standort, der nicht so öffentlich oder so viel befahren ist. Und wenn man gemessene Werte über eine längere Zeit erhält, kann man eine durchschnittliche Wartezeit ermitteln, die gut in eine Routenplanung integriert werden könnte.

Eva Loth: Das sind ja schon gute Ergebnisse, aber nun nochmal zu den Kosten.

Stefanie Röder: Für den Aus- und Umbau der S-Bahn bzw. des Mobilitätscampus gibt es eine Förderung der Staatkanzlei des Landes Brandenburg mit dem Namen „Zusammenhalt in kleinen Gemeinden und Ortsteilen für eine zukunftsorientierte Regionalentwicklung”. Der Zuwendungsbetrag beträgt 149.040,00 Euro, das sind 90 Prozent der förderfähigen Kosten. Der Verein muss 10  Prozent Eigenanteil aufbringe, das sind  16.560,00 Euro.

Für die Umsetzung der ganzen Maßnahmen zum Aufbau des Mobilitätscampus wie Baubegleitung, Veranstaltungen (Hackathon, Konferenzen, Infoveranstaltungen etc.) organisieren und durchführen, Coworking-Angebote schaffen, Nutzer:innen betreuen usw.  gibt es eine Förderung als lokales Projekt Smarte.Land.Regionen in Höhe von 167.618,70 Euro. Das sind ebenfalls  90 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten. Auch hier muss der Smart Village Verein 10 Prozent Eigenmittel aufbringen.

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