Brutale Wolf-Tötung bei Treuenbrietzen – Erster Jahrestag, Null Täter ermittelt

Treuenbrietzen. Am vergangenen Freitag vor genau einem Jahr, am Vormittag des 19. September 2024, wurde ein offenbar durch Schüsse schwerverletzter Wolf im Schlamm am Rande der Nieplitz zwischen Treuenbrietzen und Niebelhorst gefunden. Kurz darauf wurde das Tier wohl brutal erschlagen und heimlich „entsorgt“. Trotz erstatteter Strafanzeige, ausgelobter Belohnung für Hinweise zur Tat, klaren Indizien und großer medialer Aufmerksamkeit wurde bis heute kein Täter ermittelt. Inzwischen wurde das Verfahren durch die Staatsanwaltschaft eingestellt. Das ist weder nachvollziehbar noch zu akzeptieren.

Unsere Einsicht in die Ermittlungsakte hat ergeben, dass offensichtlich nicht alle verfahrensrelevanten Ermittlungen durchgeführt und nicht alle relevanten Personen/Zeugen vernommen wurden. Insbesondere der in der Ermittlungsakte konkret benannte, tatörtlich befugte Jagdausübungsberechtigte und Großlandwirt wurde trotz klarer Indizien nicht vernommen. Überhaupt wurden von der Staatsanwaltschaft nur sehr wenige Beweismittel verwertet und keinem der relevanten Hinweise eines sachkundigen Zeugen nachgegangen. Entsprechende Ermittlungen und die Vernehmung relevanter Personen aus dem konkreten möglichen Täterkreis wurden nicht durchgeführt, obwohl diesbezüglich zahlreiche tatsächliche Anhaltspunkte für einen möglichen Anfangsverdacht einer Täterschaft der illegalen Tötung des Wolfes gegeben waren. Die Einstellung des Verfahrens verstößt somit gegen das Legalitätsprinzip des § 152 Abs. 2 StPO. Der BUND Brandenburg hat beantragt, die Ermittlungen wieder aufzunehmen.

Unterlassene oder eingestellte strafrechtliche Ermittlungen gegen illegale Tötungen von Wölfen in Brandenburg sind leider kein Einzelfall. Anfragen von DIE LINKE vor dem Brandenburger Landtag (Kleine Anfrage 2460, 01.12.2022) und des BUND Brandenburg bei den Staatsanwaltschaften Potsdam, Frankfurt (Oder), Cottbus und Neuruppin (Anfragen vom 30.11.2022) bestätigen den offensichtlich fehlenden Willen der Brandenburger Justiz, gegen die schwere Straftat des illegalen Tötens der streng geschützten Art „Wolf“ vorzugehen. Of- fenbar ist das politisch motiviert. Geht es doch in Landes- und Bundespolitik ununterbrochen und vehement nur um immer weiter erleichterte Abschüsse oder gar die Bejagung von Wölfen, ohne gleichzeitig wirksame Maßnahmen gegen illegales Töten von Wölfen und damit für die Einhaltung von Recht und Ordnung zu beschließen und umzusetzen. Es drängt sich die Vermutung auf, die Politik schließt die Augen gegenüber illegaler Tötung von Wölfen und entzieht sich so dem Aufwand und Ärger mit Genehmigungen für „legale“ Entnahmen. Das muss ein Ende haben, auch weil damit das Vertrauen in den Rechtsstaat weiter erodiert. Wir fordern, endlich umfangreiche und tiefgründige Ermittlungen gegen illegale Wolfsjagden einzuleiten und Täter entsprechend geltenden Gesetzen hart zu bestrafen.

Der Dresdner Wildbiologe und Jäger Dr. Norman Stier sprach bei der Ausschutzsitzung des Brandenburger Landtags am 02.07.2025 von einer „aktuell starken illegalen Bejagung“ der noch immer streng geschützten Wölfe.(1) Aus wildbiologischen Untersuchungen geht hervor, dass die tatsächlichen Zahlen illegaler Tötungen von Wölfen wohl mindestens um den Faktor 10 höher als die offiziellen Zahlen liegen. Illegale Tötung wäre damit Todesursache Nr. 1 für Wölfe in Brandenburg. Etwa 10 Prozent der aktuellen Wolfspopulation im Land würden so im Jahr durch Gesetzlose illegal getötet.

Nur strenger Schutz verhindert die Wiederausrottung des Wolfes. Laut Populationsgefährdungsanalyse (PVA) des Bundeamtes für Naturschutz (BfN) ist die Wolfspopulation in Deutschland nur durch Beibehaltung aller noch geltenden strengen Schutzvorschriften und unter der Voraussetzung unbeeinflusster Habitatqualität langfristig überlebensfähig(2). Schon eine leicht erhöhte Mortalitätsrate dürfte laut PVA langfristig zum unausweichlichen Wiederaussterben des Wolfes in Deutschland führen. Bejagung würde neben den schon jetzt vielen illegalen Tötungen von Wölfen zu einer weiter erhöhten und damit ernsthaft populationsgefährdenden Mortalität führen.

Die barbarische Straftat von Treuenbrietzen zeugt von einem Grad an Verrohung und Gesetzlosigkeit, die Gesellschaft und Rechtsstaat nicht länger dulden dürfen. Der Täter gehört unbedingt ermittelt und juristisch streng bestraft. Als entsprechende Mahnung an Politik, Justiz und Öffentlichkeit errichteten wir am vergangenen Freitag am Tatort ein hölzernes Kreuz zum Gedenken an den vor einem Jahr brutal hingerichteten Wolf bei Treuenbrietzen.

Quellen:

(1) BZ Berlin, 02.07.2025: „Jäger-Chef will 500 Wölfe schießen“

(2) BfN-Schriften 715, 2024, „Populationsgefährdungsanalyse für die Art Wolf (Anhang II und IV FFH-Richtlinie). Grundlage für die Ableitung des Referenzwertes für die günstige Gesamt- population“ (https://www.bfn.de/publikationen/bfn-schriften/bfn-schriften-715-populationsgefaehrdungsanalyse-fuer-die-art-wolf)

(Dr. Hans-Holger Liste – Allianz Wolf Brandenburg, Jürgen Hauschke – Initiative für die Natur e.V., Ralf Hentschel – Freundeskreis freilebender Wölf)

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