Dörfer berieten über ihre Zukunft

Wiesenburg. Zum 11. Mal trafen sich Engagierte, die sowohl in ihrem Dorf, als auch im gesamten ländlichen Raum etwas bewegen wollen, zum Tag der Dörfer in der Wiesenburger Kunsthalle, organisiert durch Brandenburg 21 e.V. und die Dorfbewegung Brandenburg e.V. – Netzwerk lebendige Dörfer, unterstützt durch die Lokale Aktionsgruppe Fläminghavel e.V., RENN.mitte und MITEINANDER REDEN.

Nach dem Impulsvortrag für den Tag von Martin Kuder von Wertewandel e.V., in deren Projekt es um Ausbildung für junge Gründer geht, ging es in die erste Diskussionsrunde.

Kommunale Finanzen

Dabei ging es neben den kommunalen Finanzen, zu denen Wiesenburgs Bürgermeister Marco Beckendorf Auskunft gab, auch um Entwicklungschancen der Dörfer durch Digitalisierung und um Ernährungsräte in Brandenburg. Damit wurde auch eine Grundlage für die Arbeit am Nachmittag geschaffen. In vier Gruppen wurde über verschiedene Themen diskutiert. Dabei wurden sowohl Visionen in die Runde geworfen, aber auch ganz konkret benannt, was insbesondere von der Politik erwartet wird. Denn die meisten Dorfakteure engagieren sich ehrenamtlich und vermissen politische Grundlagen und Handhabungen für ihre Arbeit.

Gesunde Ernährung & Kommunikation

Ein wichtiges Thema war die gesunde Ernährung. Im Land gibt es bereits Ernährungsräte, die sich vor allem mit der Versorgung in Schulen und Kantinen beschäftigen und mehr regionale Produkte in diesem Bereich fordern. Dabei kam auch die Möglichkeit eines Dorfladens zur Sprache. In vielen kleinen Orten gibt es keine Einkaufsmöglichkeiten mehr. Damit ist auch ein Kommunikationsort für die Bürger weggefallen. Ein Dorfladen könnte entgegenwirken, wenn er zum Beispiel mit einem Cafe gekoppelt wird. Zudem könnte eine Bücherausleihe integriert, es könnten Vorträge oder Weiterbildungen angeboten werden. Zudem kann dadurch auch Einfluss auf regionale Erzeuger genommen werden, die so bessere Vermarktungsmöglichkeiten hätten. In Wiesenburg wurde etwas Ähnliches bereits diskutiert, als es um die Entwicklung des Areals der ehemaligen Brauerei ging. Hier kam die Möglichkeit einer Küche zur Sprache, in der regionale Produkte verarbeitet und sowohl Kitas als auch Schulen versorgt werden können. Die meisten Eltern seien auch bereit, für gutes Essen entsprechend zu zahlen, so die Meinung in der Gruppe, die Akzeptanz regionaler und Bio-Produkte unter der jungen Bevölkerung steigt zunehmend.

“Das Land soll erblühen wie eine Sonnenblume”

Vieles steht und fällt jedoch mit der Finanzierung von Vorhaben. Mit dem Thema beschäftigte sich eine Gruppe unter Leitung von Heiko Bansen und Thomas Hemmerling. „Das Land soll erblühen wie eine Sonnenblume, die Wurzeln sind die Gemeinden, die Nährstoffe die Ortsbeiräte“ veranschaulichte Thomas Hemmerling, Amtsdirektor von Niemegk, bildlich die Situation. Letztere können aber nur gut arbeiten, wenn sie entsprechende Unterstützung haben. Auf Grund der schlechten Finanzlage in vielen Kommunen gibt es nicht überall ein Ortsteilbudget, über welches die Ortsbeiräte verfügen können.

Auch der Flächenfaktor spielt eine Rolle. Mit diesem sollen die Schwierigkeiten durch eine weite Fläche und geringe Einwohnerzahlen im ländlichen Raum ausgeglichen werden. Auch muss man bedarfsgerechte Haushalte aufstellen und nicht unbedingt einen ausgeglichenen Haushalt in den Vordergrund stellen. Um diesen zu erreichen, nehmen viele Gemeinden und Städte Vorhaben gar nicht erst in den Haushalt auf. Damit erweckt man beim Finanzminister den Anschein, alles sei in Ordnung. Bisher wurde diesbezüglich noch nicht das richtige gesetzliche Instrument gefunden.

Digitaliserung auf dem Land

Die Digitalisierung spielt nach wie vor eine entscheidende Rolle im ländlichen Raum. Dabei ist der Druck im metropolnahen Raum noch größer als in den weiter entfernten Gebieten. Jedoch gibt es auf dem Land immer noch sogenannte weiße Flecken, wo es überhaupt kein Mobilfunknetz und damit kein mobiles Internet gibt. Die Geschwindigkeiten der verlegten Leitungen sind meist für Firmen, die viele Daten verschicken müssen, völlig unzureichend. Aber es kommt nicht nur auf die technischen Voraussetzungen an.

Wir müssen analog diskutieren und dann sehen, wie wir es digital umsetzen können, so die Meinung der Arbeitsgruppe. Dabei geht es vor allem darum, durch Digitalisierung die Lebensqualität zu verbessern, wie bei der medizinischen Versorgung, aber auch bei der Kommunikation untereinander. Viele ältere Menschen, die nicht mehr mobil sind,  vereinsamen zunehmend im Alter.  Auch wird der ländliche Raum zunehmend interessant für die Menschen, die von zu Hause aus abreiten können. Dabei muss aber auch auf die  Firmenleitungen zugegangen werden, dass sie dieses auch erlauben. Man könnte so viele Pendelwege und auch viel Stress sparen.

Parlament der Dörfer

Wichtig bei allem ist aber, nicht nur die technischen Voraussetzungen zu schaffen, sondern auch die Fähigkeiten zu entwickeln, mit dieser neuen Technik umzugehen. Das müsse jedoch professionell geschehen. Und da muss die Politik ebenfalls ihren Teil beitragen. Im Koalitionspapier der neuen Regierung ist dazu einiges festgeschrieben. Das soll durch die Bildung eines „Parlaments der Dörfer“ kontrolliert werden. Dieses Parlament soll Klarheit schaffen bei dem, was wir sein wollen, hieß es dazu in der Arbeitsgruppe Dorfbewegung. Das sei ein Prozess von unten, der erst mal wachsen müsse. Das erste Parlament dieser Art soll vorerst lernen zuzuhören und zu verstehen, was die Akteure in den Dörfern wollen. Dann wird auch die Legitimation wachsen. Und natürlich soll es der Politik gegenüber klare Aussagen treffen, was an der Basis gebraucht wird. Das sind vor allem gute Bildungsangebote.

Unser Dorf hat Zukunft

Eine gute Möglichkeit für den ländlichen Raum ist auch der Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Damit kann man sich die eigenen Stärken viel besser bewusst machen, denn oftmals wird das eigene Licht noch unter den Scheffel gestellt. Dieser Meinung ist auch Barbara Klembt. In ihrer Zeit als hauptamtliche Bürgermeisterin der Gemeinde Wiesenburg/Mark hat sie viel an ländlicher Entwicklung mitgemacht und mitgetragen. Man sollte alle Möglichkeiten, die die Kommunalverfassung bietet, auch ausnutzen, ist ihr Rat und dabei auch schon vorhandene Dorfentwicklungsplanungen zu Rate ziehen.

Versprechen der Regierung einfordern

„Die Koalition teilt die zentralen Ergebnisse der Enquete-Kommission „Zukunft der ländlichen Regionen vor dem Hintergrund des demografischen Wandels“  und wird sie berücksichtigen. Wir werden die Weiterentwicklung der GAK (Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz) zu einer Gemeinschaftsaufgabe „Ländliche Entwicklung“ und die eigenständige Interessenvertretung der Dorfbewegung in einem sogenannten „Parlament der Dörfer“ unterstützen. Die Koalition wird prüfen, ob und wie in der amtlichen Statistik des Landes fortlaufend Daten speziell über Dörfer bzw. Ortsteile gesammelt werden können. Wir wollen Konzepte zur sozialen Dorfentwicklung(sogenannte Dorfentwicklungskonzepte der Zweiten Generation) verstärkt fördern und die Gründung von Dorfläden unterstützen“, heißt es im Koalitionsvertrag der neuen Landesregierung. Die Dörfer werden dieses Versprechen einfordern, die Regierung bei ihrer Arbeit beobachten und nötigenfalls vehement ihre Stimme erheben.

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