Schmerwitz als Flüchtlingsunterkunft nicht geeignet

Wiesenburg/Mark, Schmerwitz. Der kleine Flämingort Schmerwitz hat bereits Erfahrung mit der Unterbringung von Flüchtlingen. Und ist auch jederzeit offen dafür. Was die Einwohner an den bereits vorgestellten Plänen des Landkreises stört, ist die Unterbringungsform und die Anzahl der Flüchtlinge, die untergebracht werden sollen. „Die Zahlen machen die Leute verrückt“, sagt Martina Golz, stellvertretende Ortsvorsteherin, “besonders die Älteren haben Angst, dass es zu Konflikten kommen könnte, wenn 200 Personen auf engem Raum zusammen untergebracht werden.“ Der Ortsbeirat erfuhr von den Plänen erst aus dem Internet und der Presse. Im ehemaligen Altersheim und zwei angrenzenden Gebäuden möchte der Landkreis über 200 Flüchtlinge unterbringen, fast genauso viele, wie Schmerwitz Einwohner hat. Die Gebäude sind im Privatbesitz und müssten angemietet werden.

Grundsätzlich hat man in Schmerwitz nichts gegen eine Aufnahme von Flüchtlingen. Der Ort hat damit eigentlich gute Erfahrungen gemacht. Vor einigen Jahren wurden dort Flüchtlinge aufgenommen. Jedoch nicht in Gemeinschaftsunterkünften, sondern in eigenständigen Wohnungen. „Viele Menschen haben sich damals engagiert und gespendet“, resümiert Martina Golz. Es gab Veranstaltungen zur Integration, jede Familie hatte einen Paten zur Unterstützung. „Das war alles überschaubar und händelbar“, so Martina Golz. Die jetzige Situation ist völlig anders.

Auch Johannes Blatt, Mitglied der Gemeindevertretung Wiesenburg/Mark, hat große Bauchschmerzen bei den Plänen des Landkreises. Er hält das Seniorenheim selbst für nicht geeignet, aus verschiedenen Gründen. „Solche Gemeinschaftsunterkünfte mit sechs Quadratmeter Wohnraum pro Person im Mehrbettzimmer sind kein gutes Lebensumfeld “, so seine Meinung. Auch die schlechte Versorgung mit dem öffentlichen Nahverkehr ist ein Grund, warum er eine Unterbringung in dieser Form ablehnt. Es gibt keine Einkaufsmöglichkeit und sehr schlechtes Mobilfunknetz. Auch die Kita-Plätze, die in einigen Wiesenburger Ortsteilen sicher vorhanden sind, können auf Grund der fehlenden Busverbindungen von den Flüchtlingsfamilien nicht genutzt werden.

Nach Bekanntwerden der Pläne des Landkreises setzte sich Johannes Blatt (Bündnis 90/Die GRÜNEN) mit den Fraktionen der Wiesenburger Gemeindevertretung und dem Bürgermeister in Verbindung, um zu reagieren. In einer fraktionsübergreifenden Beschlussvorlage für den Wiesenburger Sozialausschuss, der am 26. Januar tagt, reagiert die Gemeinde Wiesenburg auf das Vorhaben des Landkreises und lehnt die Pläne in dieser Form ab. Jedoch ist die Gemeinde durchaus bereit, Geflüchtete aufzunehmen, auch in Schmerwitz. Allerdings nicht im ehemaligen Seniorenheim, sondern in den anderen beiden Gebäuden. Dort können nämlich acht separate Wohnungen hergerichtet werden, welche sich besser eignen. Die Gemeinde Wiesenburg/Mark ist außerdem offen dafür, mittelfristig neue Sozialwohnungen zu bauen und dafür gemeinsam mit dem Landkreis ein Konzept zu entwickeln.

„Weitere 30-50 Menschen lassen sich gut in Schmerwitz integrieren“, so Johannes Blatt, „bei mehr als 200 ist der kleine Ort völlig überfordert.“ Rechtlich hat ein Votum aus Wiesenburg keinen Einfluss auf die Entscheidung des Landkreises. Deshalb soll nun die Position der Gemeinde Wiesenburg/Mark durch die Kreistagsabgeordneten Rita Neumann (Freie Bürger und Bauern) und Astrit Rabinowitsch (Die Linke) in den Kreistag getragen werden, um die Abgeordneten zu informieren und so den Beschluss zur Errichtung der Flüchtlingsunterkunft abzuwenden (siehe auch HIER). „Wir hoffen, dass wir Einfluss nehmen können“, so Johannes Blatt, denn er glaubt nicht, dass das Vorhaben des Landkreises alternativlos ist. Bürgermeister Marco Beckendorf unterstützt das Vorhaben der Fraktionen. Auch er hat sich schon öffentlich gegen diese Form der Unterbringung positioniert. Nun hoffen alle, dass das Vorhaben seitens des Landkreises noch einmal überdacht wird und eine gemeinsame Lösung gefunden wird.

Auch die Beteiligten des Runden Tisches für Asyl und Migration Potsdam-Mittelmark halten dieses Projekt aus asyl- und integrationspolitischer Perspektive für hochproblematisch und lehnen die Planung der Verwaltung daher ab. In einem offenen Brief wenden sie sich an die Fraktionen des Kreistages und appellieren damit an die Abgeordneten, Den vorliegenden Beschluss abzulehnen und stattdessen partizipative Lösungen zu erarbeiten. Damit schließen sie sich der Meinung der Wiesenburger Gemeindevertreter an.

Views: 440

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Login
Jeder veröffentlicht seins.

Deshalb freuen wir uns sehr, dass du mitmachen möchtest. Bevor du jedoch auf Fläming 365 Artikel veröffentlichen kannst, musst du dich registrieren lassen. Das dient deiner und unserer Sicherheit. Fülle deshalb bitte das folgende Formular aus: