“Grundschule am Schlosspark” in Wiesenburg: Abschied für Ilona Zehnsdorf

Wiesenburg. Nach 30 Jahren als Schulleiterin an der „Grundschule am Schlosspark“ in Wiesenburg/Mark steht Ilona Zehnsdorfs Entscheidung fest – am Ende des Schuljahres geht sie in den Ruhestand. Wohl mit einem lachenden und einem weinenden Auge, denn sie hat ihren Beruf geliebt. Auch wenn sie eigentlich gar keine Lehrerin werden wollte. Ilona Zehnsdorf stammt aus Schlamau und ist dort noch die ersten Jahre zur Schule gegangen. Damals wurden noch mehrere Klassenstufen in einem Raum unterrichtet. Erst 1966/1967 ging es nach Wiesenburg. Damals noch in das Schulgebäude vor dem Schloss, in dem jetzt Rathaus und Bibliothek untergebracht sind. Dabei wollte Ilona Zehnsdorf nie Lehrerin werden. Ihr schwebte eher etwas Technisches vor, wo sie auch mit den Händen arbeiten muss.

Der Weg zur Lehrerin

Vor den Jugendweihen organisierte der damalige Direktor der Schule, Werner Senst, Exkursionen in verschiedene Betriebe und Institutionen, sozusagen zur Berufsfindung. Eine davon ging zum Deutschen Fernsehfunk. Für die junge Ilona war es interessant, hinter die Kulissen zu blicken. Besonders die Tontechnik interessierte sie. „Diese vielen Knöpfe am Pult fand ich unheimlich spannend“, erzählt sie heute. Aber um diesen Beruf zu erlernen, hätte sie nach Berlin gemusst und dort gab es kein Internat. Also war dieser Traum geplatzt.

Auch ihre Mutter war schon ganz verzweifelt und wandte sich an die Klassenlehrerin ihrer Tochter, Ingeborg Kappler. „Was soll das Mädel denn werden, nun will sie gar nichts mehr“, fragte die verzweifelte Mutter. Denn Ilona war enttäuscht und sagte:

„Wenn ich das nicht werden kann, wird ich eben gar nichts.“

„Die wird Lehrerein“, sagte Ingeborg Kappler entschieden und nahm alles in die Hand. So kam Ilona Zehnsdorf an das Institut für Lehrerbildung nach Potsdam. Und im Nachhinein hat sie das Ganze nicht einen Tag bereut. Ihr Praktikum machte sie bereits an die Wiesenburger Schule. Ihre Mentorin, Hannelore Mallas, brachte ihr alles bei, was sie wissen muss. Das hieß jedoch noch lange nicht, dass sie auch in Wiesenburg arbeiten würde. Damals ging es nach dem Motto: Du gehst dahin, wo der Staat dich braucht. Es gab nur eine Chance, in der Nähe ihres Heimatortes bleiben zu können: Man musste dort eine Wohnung haben, verheiratet sein und möglichst noch ein Kinde haben. Das mit dem heiraten krieg ich hin, dachte sich Ilona Zehnsdorf, denn sie war damals schon mit ihrem Mann zusammen. „Nur das mit dem Kind hat dann noch gedauert“, schmunzelt sie heute.

Sie bekam eine Zuweisung nach Mörz, wo sie auch wohnen sollte. Da kam ihr Mann auf die zündende Idee:

„Oma hat noch ein freies Zimmer im Haus, das wird unsere Wohnung.“

So konnte Ilona Zehnsdorf 1977 in Wiesenburg ihre Arbeit aufnehmen. Nach den beiden Schwangerschaften war sie zwischenzeitlich auch im Hort angestellt, aber das Beaufsichtigen und Bespaßen war nicht so ihr Ding. Als Lehrerin für Deutsch, Mathematik, Sachkunde und Werken wollte sie den Kindern lieber etwas Praktisches beibringen. Und fand es schade, dass nach der Wende gerade das Werken weggebrochen ist. Das Erlernen vieler motorischer Fähigkeiten fehle den Kindern, so Ilona Zehnsdorf. An ihre erste Unterrichtsstunde kann sie sich nicht mehr erinnern, dafür aber an ihre Prüfungsstunde in Sachkunde. Das Thema war „Der Feldhamster“ und sie hatte sich akribisch vorbereitet, sogar mit einem Kinderbuch mit vielen schönen Hamsterbildern. Und sie war tierisch aufgeregt. Das Buch war dann jedoch der Auslöser für anderes. „Och ist der aber niedlich“, schwärmte ein Schüler und steckte damit die ganze Klasse an. Aber irgendwie hat Ilona Zehnsdorf dann doch die Kurve zu einer „normalen“ Unterrichtsstunde gekriegt.

30 Jahre Schulleiterin

Nach der Wende gingen die Kinder in Wiesenburg noch bis zur 10. Klasse in die Schule. Unterstufe und Oberstufe unter einen Hut zu bekommen, war für die damalige Schulleiterin Cornelia Scholla nicht einfach und sie suchte sich Hilfe bei Ilona Zehnsdorf, die dann für die Kleinen zuständig war. Dann kam die Trennung der Schule und die oberen Klassenstufen mussten nach Bad Belzig. Also wurde eine Leiterin für die Grundschule gesucht. Obwohl viele ältere Kolleginnen und Kollegen viel mehr Erfahrung hatten, wollte keiner wirklich diesen Job machen. „Du kannst das, du machst das“, sagten alle zu Ilona Zehnsdorf, „wenigstens die erste Zeit.“ Aus der ersten Zeit wurden am Ende 30 Jahre.

Dass Ilona Zehnsdorf aufhört, hat viele Gründe, auch private. Ihr Mann ist schon einige Jahre in Rente. Nun wollen sie gemeinsam das Leben genießen. Sorgen um die Schule macht sie sich nicht. Der Generationswechsel sei eigentlich schon vollzogen, sagt die 64 jährige. Die jüngeren Kolleginnen und Kollegen haben ein ganz anderes Studium genossen, haben eine andere Sicht auf die Dinge und bringen viel Innovation in die Arbeit, so Ilona Zehnsdorf. Das hat sie auch schon während ihrer Tätigkeit erkannt und ihnen den Freiraum gelassen. „Probiert es, zurückrudern kann man immer“, sagte sie zu ihren jungen Kollegen.

Ein bisschen schade findet sie, dass es diese Ortsbezogenheit der Lehrer nicht mehr in dem Maße gibt wie früher. So kommen die Lehrerinnen und Lehrer aus Berlin, Sachsen-Anhalt oder Potsdam. Aber es gibt auch einige, die sich hier ansiedeln. So hat sie sich über ein Lehrerehepaar gefreut, die in unsere Region gezogen sind.  „Die jüngeren müssen nun ran, ich klebe nicht an meinem Stuhl“, lächelt Ilona Zehnsdorf.

Leidenschaft Schulgarten

Unterrichtet hat sie zuletzt in einer dritten und einer vierten Klasse. Besonders geliebt hat sie Sachkunde und den Neigungsunterricht. In letzterem können die Kinder sich schon frühzeitig ausprobieren. Außerdem leitete Ilona Zehnsdorf die Arbeitsgemeinschaft „Naturfreunde“. In enger Zusammenarbeit mit Parkleiter Ulrich Jarke wurde dort auch im Park gearbeitet, ebenso im Schulgarten. Dieser ist der ganze Stolz von Ilona Zehnsdorf. Deshalb ist sie auf der einen Seite ganz froh, dass die Gemeindevertretung dem Bau einer freien Schule an diesem Standort nicht zugestimmt hat und so der Schulgarten erhalten bleibt. „Für die freie Schule finden sich bestimmt Alternative“, sagt sie. Denn im Schulgarten ist viel passiert. Tischlermeister Spatzier hat gerade zwei Hochbeete gesponsert und auch den Kompostbehälter. Das Hochbeet wird nun im Herbst vorbereitet und im nächsten Jahr genutzt. Christian Höhne aus Wiesenburg kam mit einem ganzen Hänger voll Stauden, so dass die Kinder mit dem Schulförderverein ein tolles Beet anlegen konnte, welches sich prächtig entwickelt hat. Durch die Aktion „Obstbäume für Streuobstwiesen“ konnten fünf Apfelbäumchen gepflanzt werden. Außerdem eignet sich der Schulgarten mit 2 langen Tischen und Bänken auch gut für den Unterricht im Freien. Ilona Zehnsdorf findet es wichtig, dass die Kinder in die Natur gehen und lernen, was über der Erde und was darunter wächst. Es stärkt das gemeinsame Tun und die Kleinen freuen sich, etwas selber zu machen und zu sehen, was daraus wird.

Unruhestand und Nachfolge

Und nun? Einfach nur in ihren 4 Wänden sitzen, wird es nicht geben. Am meisten freut sich Ilona Zehnsdorf, auch mal spontan etwas unternehmen zu können, so ganz ohne Terminkalender und Ferienzeiten. Außerdem möchte sie gern ihre beiden Söhne, die in Innsbruck und Spanien leben,  länger als nur ein paar Tage besuchen und ihnen „auf den Wecker gehen“. Aber ein bisschen Umstellung wird es auch zu Hause geben müssen. Als sie noch arbeiten ging, gab es eine stillschweigende Abmachung zwischen ihr und ihren Mann, er durfte erst aufstehen, wenn sie das Haus verlassen hatte. „Ich brauche morgens einfach etwas Zeit für mich“, so Ilona Zehnsdorf. „Und frag mich nur nicht ständig, wann kommst Du nach Hause“, war die andere Bedingung, als ihr Mann in Rente ging.

Die Nachfolge für Ilona Zehnsdorf ist auch schon geregelt. Ihren Platz wird Susann Lodge einnehmen. Sie war schon Stellvertreterin und ist so allmählich in die Aufgaben hineingewachsen. Aber sie kann Ilona Zehnsdorf natürlich jederzeit um Rat fragen. Und so kann Ilona Zehnsdorf loslassen, denn sie weiß, die Schule kommt in gute Hände. Dank der Corona Lockerungen wird es wohl auch eine Abschiedsfeier geben. „Es gibt schon einige Räume, die ich nicht mehr betreten darf“, lacht sie und ist auf alles gefasst. „Aber wenigstens für die Verpflegung darf ich sorgen“, sagt sie schmunzelnd und freut sich, diejenigen einzuladen, die sie ein Stückweit auf ihrem Weg begleitet haben.

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