Wiesenburg. Zum internationalen Tag der Parks und Gärten rief die Bundesstiftung Baukultur zu einem Rendezvous in Parks und Gärten auf. Vielfach wurden zum Thema: „Wissen das wandert“ Führungen angeboten, wie auch im Schlosspark Wiesenburg. Unter dem Motto „Bäume im Spiegel des Seins“ erfuhren die Teilnehmer viel Wissenswertes über den Park selbst und seine Anpflanzungen. Juliane Heinrich, von Beruf Landschaftsarchitektin und Ines Gerds, Gartenführerin in historischen Parks, hatten sich der Aufgabe angenommen.
Diese Art Führungen bieten beide auch im Wörlitzer Park an. Knapp 15 Teilnehmer hatten sich eingefunden. Diese kamen nicht nur aus der Umgebung. Pauline und Cederic waren mit ihrer Mama aus Berlin angereist. Die Familie hatte durch eine Postkarte einer Freundin vom Wiesenburger Park erfahren, gegoogelt und ist so auf die Führung gestoßen. Sie hatten an diesem Wochenende eh zwei Tage für ein Baumwochenende in Berlin mit Freunden geplant und sich vorgenommen, einen Stadtbaum zu pflanzen. Schnell wurde umdisponiert, sich in den Zug gesetzt und nach Wiesenburg gefahren.
Interessiert lauschten die beiden Kinder den Ausführungen von Juliane Heinrich und Ines Gerds. Besonders die Erklärungen zur Kastanienblüte fanden sie interessant. Aufgefallen sind sicher jedem schon einmal die unterschiedlichen Färbungen der Blüte, die sogenannte Blütenampel. Ist die Einzelblüte gelb, wissen die Insekten, dort ist noch Nektar zu holen, ist sie rot, wurde sie bereits befruchtet. Und wenn kleine grüne Kugeln daran hängen, wird daraus einmal eine Kastanie. Der Baum wurde früher oft gepflanzt, besonders als Allee, erklärte Ines Gerds. So konnte die Herrschaft im Schatten mit der Kutsche in ihr Schloss fahren und auch die Soldaten waren auf ihren Märschen von der Sonne geschützt. Aber in Zukunft wird man weniger dieser beeindruckenden Bäume finden. Zum einen kann sie sich nicht gut an den Klimawandel anpassen, zum anderen ist sie durch die Moniermotte stark gefährdet.
In früheren Jahren wollten die Herren mit ihren Gärten und Parks Macht zeigen, auch über die Natur. So sind die meisten barocken Gärten akkurat angelegt, die Bäume wurden in Form geschnitten. Der Garten war sozusagen die Erweiterung des Wohnzimmers. Das war zu Urzeiten noch anders. Hier lebten die Menschen einfach mit den Bäumen. Das änderte sich erst, als sie zu Siedler und Ackerbauern wurden. Dann stand der Nutzen im Vordergrund.
Das im Wiesenburger Park eine so große Vielfalt an Bäumen steht, ist Ernst von Watzdorf zu verdanken. Er hat früh die Schönheit der Fläminglandschaft erkannt. Obwohl der Park auch schon vor seiner Zeit sehr repräsentativ war, hat Watzdorf in den 18 Jahren seines Lebens in Wiesenburg viele Veränderungen vorgenommen. So fragt man sich heute, was hätte noch werden können, wäre er nicht so jung verstorben. Watzdorf experimentierte mit verschiedenen Bäumen und Gewächsen, ließ sich Samen aus Übersee schicken. So hat er erstmals versucht, Douglasien anzupflanzen und festgestellt, dass diese gut gedeihen. Sie werden irgendwann Kiefer und Fichte ablösen, da sie gut mit dem Klimawandel zurechtkommen. Am Erbbegräbnis, das wieder wunderbar hergerichtet ist, stehen einige Exemplare.
Aber auch andere typische Bäume wachsen, wie Erle und Esche am Prinzessinnenbrunnen. Die unterschiedlichen Grüntöne der Bäume strahlen gerade jetzt im Frühjahr Ruhe und Entspanntheit aus. Ines Gerds wusste diese zu nutzen und rezitierte den Erlkönig von Goethe und schuf so eine Verbindung in das Reich der Mythen und Sagen. Streitpunkt mit der Denkmalpflege sind immer wieder die Birken, weiß Juliane Heinrich. Die Birkengruppe hinter dem Angelteich soll unbedingt erhalten werden. „Obwohl man genau weiß, dass es nicht funktionieren wird“, erklärt sie. Die Birke ist eigentlich ein Pionierbaum und wächst am besten, wenn sie von selbst aufgeht, wie zum Beispiel auf Brandflächen. Sie bereitet sozusagen den Boden vor für neue Anpflanzungen. „Es ist schade, dass man da keinen Konsens findet“, so Juliane Heinrich. Jedoch wussten sich die Menschen schon immer den Birkensaft zu Nutze zu machen. Auch heute noch wird er gewonnen und man kann ihn erwerben. Juliane Heinrich und Ines Gerds hatten eine Kostprobe mitgebracht.
Besondere Exemplare im Park sind auch der Küstenmammutbaum und der Urwaldmammutbaum. Ersterer wächst viel in den USA, denn er hat eine besondere Eigenschaft: Der Stamm ist nicht brennbar.
Es gab also viel Input für die Teilnehmer der Wanderung. Aber Ines Gerds verstand es immer wieder, alles ein bisschen aufzulockern, in dem sie Gedichte, Märchen und Sagen zum Besten gab, die mit Bäumen zusammenhängen. So war der gesamte Spaziergang eine runde Sache.
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