Bad Belzig: Erfahrungsaustausch für Selbsthilfegruppen

Bad Belzig. „Wenn ich mal Rentnerin bin, dann mach ich das!“ Petra Hannemann wurde beim Wort genommen. Seit nunmehr zwei Jahren leitet sie die Selbsthilfegruppe Fibromyalgie in Treuenbrietzen. Aber manchmal braucht sie auch Zeit für sich und den Erfahrungsaustausch mit anderen Gruppenleitern und Mitgliedern. Deshalb kam sie zur Veranstaltung in der Kontakt & Beratungsstelle „Lichthof“ am vergangenen Dienstag. Innerhalb einer bundesweiten Aktionswoche gab es dort den Selbsthilfetag Potsdam-Mittelmark. Die Beratungsstelle koordiniert und vermittelt Selbsthilfegruppen im Landkreis. Etwa 80 Gruppen gibt es in den verschiedenen Regionen, im engeren Bad Belziger Raum sind es zirka 15. Die Koordinierungsstelle hat drei Büros, in denen Betroffene einen Ansprechpartner finden. Das Büro in Bad Belzig ist immer montags besetzt.

Selbsthilfegruppen gibt es in den verschiedensten Gebieten. Viele sind gekommen, um sich mit anderen Betroffenen auszutauschen. Wie  Wolfgang und Sieglinde Räck aus Rottstock bei Ziesar. Sie sind in einer Selbsthilfegruppe für pflegende Angehörige. „Es tut gut, mit Menschen zu sprechen, die in der gleichen Situation sind“, sagt Sieglinde Räck, „die Probleme, die sich bei häuslicher Pflege ergeben, können nur diejenigen nachvollziehen, die selbst betroffen sind.“ Oftmals reiche schon ein Gespräch oder einfachen Zuhören, um wieder Mut zu fassen, sagt sie. Und man brauche auch Abwechslung – wie heute. Das Ehepaar bedruckte sich auch gleich spontan einen schönen Einkaufsbeutel.

„Es gibt viele Selbsthilfegruppen“, so Anke Polkowski von der Kontakt-und Informationsstelle für Selbsthilfegruppen. Sie stellt aber eine Zunahme solcher bei psychischen Erkrankungen und Depressionen fest. Für Hilfesuchende gibt es die Internetseite https://www.kis-pm.de, auf der Kontaktformulare und Telefonnummern zu finden sind. Außerdem führt man einen engen Austausch mit Ärzten und Kliniken, so dass diese schon selbst vermitteln können. Auch Pflegedienste werden angesprochen. „An Tagen wie diesem wollen wir die Leute auf das Thema aufmerksam machen“, so Anke Polkowski, „denn manchmal kommen die Menschen an ihre Grenzen.“ Außerdem gibt es alle zwei Jahre den Aktionstag zur Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in Zusammenarbeit mit dem Behindertenbeauftragten des Landkreises Udo Zeller. 2020 wird dieser wieder in Bad Belzig stattfinden.

Am Dienstag konnten alle nicht nur Erfahrungen austauschen, sondern sich auch künstlerisch betätigen. Stephanie Langner, Mitarbeiterin im Lichthof, betreute die Anwesenden beim Bemalen kleiner Blüten, der Herstellung von Blumen aus buntem Papier und erläuterte die Tiffany Glaskunst. Bereits am Vormittag konnte man bei den Lichthof-Trommlern mitmachen. Auch gab es einen Qi-Gong Schnupperkurs. „Da konnte ich einiges für unsere Gruppe mitnehmen“, sagte auch Petra Hannemann. In der Treuenbrietzener Gruppe sind viele ältere Menschen. Da ist Bewegung wichtig. Ihre Treffen beginnen immer mit einem Frühstück, bei dem erzählt wird, was in letzter Zeit alles so passiert ist. „Aber man muss auch manchmal eingreifen“, so Petra Hannemann, „ sonst unterhält man sich drei Stunden lang nur über die Enkelkinder.“ Aber in dieser Zeit vergessen alle für eine Weile ihre Zipperlein. Es wird gemeinsam gespielt, einmal im Jahr lädt die Gruppenleiterin in ihren Garten zu einer Kaffeetafel ein. Auch gemeinsame Unternehmungen wir Tagesfahrten stehen auf dem Programm. Petra Hannemann war Schwimmmeisterin in Potsdam und hatte die Mitglieder ihrer Gruppe auch zu Aquagymnastik dorthin eingeladen.

„Man ist so für alles zuständig, selbst für die Ernährung“, sagt sie. Aber man merkt ihr an, dass ihr die Arbeit auch Spaß macht. Es gibt zwar einen Zuschuss vom Landratsamt für die Arbeit, aber eben nur für bestimmte Dinge. 15 Mitglieder hat die Gruppe, da ist es oft schwer, alle unter einen Hut zu kriegen. Keine einfache Aufgabe für die Gruppenleiter. Da wünschen sich alle noch mehr Unterstützung. „Wir brauchen Handwerkszeug für unsere Arbeit in die Hand, um auch Grenzen zu ziehen“, so Petra Hannemann. Aber für die Selbsthilfegruppen Fibromyalgie gibt es diese schon. Da existiert nämlich ein Dachverband, die Fibromyalgie-Liga Deutschland e.V. Im Gespräch mit Mitgliedern der Gruppe aus Groß Kreutz erfuhr Petra Hannemann, dass man viele Dinge und Vorhaben über Projekte realisieren kann. Diese werden fast vollständig von den Krankenkassen finanziert. Es bedeutet natürlich aber ein bisschen Papierkrieg.  Auch gibt es jährliche Fortbildungen für die Gruppenleiter. Ganz wichtig sind gegenseitige Treffen und die Teilnahme an Veranstaltungen des anderen, denn man profitiert voneinander. Dann hat man das Gefühl, man steht nicht allein da – sind sich die Anwesenden einig.

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Eine Antwort

  1. Kleine Korrektur:

    Hauptorganisator war die AWO-Koordinierungsstelle für Selbsthilfe https://www.kis-pm.de, die 1xpro Woche montags vor Ort in Belzig ist.

    Der Veranstaltungsort – Fliedners Beratungsstelle Lichthof – hat Montag bis Freitag geöffnet und ist nicht Organisator der SH-Gruppen in PM, sondern ein offener Treff für Menschen mit psychischen Erkrankungen. Hier trifft sich jedoch eine SH-Gruppe für psychisch Erkrankte.

    Die KBS “Lichthof” hat die Veranstaltung zusammen mit der AWO organisiert und auch als Tag der offenen Tür genutzt.

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