Wiesenburg/Mark: 5G – Ja oder Nein?

Wiesenburg. Nicht nur auf oberster Ebene finden Konferenzen und Tagungen derzeit online statt. Auch die Gemeinde Wiesenburg/Mark hat so jetzt die eigentlich schon für den März geplante Diskussionsrunde zum Ausbau von 5G ins Netz verlegt. Dank der technischen Unterstützung von Mal´s Scheune konnte die Veranstaltung nun im hybriden Format angeboten werden. Dabei waren einige Teilnehmer direkt im Studio, andere, besonders die Experten, waren per Live Stream zugeschaltet. Im Vorfeld konnten Bürger über die extra eingerichtete Email Adresse miteinanderreden.gemeinde@wiesenburgmark.de ihre Fragen stellen. Diese steht auch weiterhin für Fragen zur Verfügung.

Die Experten, allen voran Dr. André Goebel, Digitalbeauftragter der Landkreises, sehen die Digitalisierung vor allem als Chance für den ländlichen Raum. Vorrangig ist der Ausbau von 5G auf die Industrie ausgerichtet. Durch die erhöhte Geschwindigkeit bei der Datenübertragung hat dieser immense Vorteile. Aber auch im privaten Bereich könnten die Menschen so mobiler werden und Hilfe im Alltag erhalten. Wiesenburg möchte beim Ausbau Vorreiter sein und zu einem sogenannten Reallabor werden. Den Befürchtungen, dass so getestet werden soll, wie sich 5G vor allem auf die Gesundheit auswirkt, wird von den Experten entschieden widersprochen. Vielmehr geht es darum zu testen, was überhaupt in ländlichen Regionen möglich ist.

Silvia Henning, Geschäftsführerin von Neuland 21, sieht die Vorteile vor allem in besserer Mobilität. Gerade an den Wochenenden sei diese doch so gut wie nicht vorhanden. „Wie also kann man an den Wochenenden aus den Dörfern wegkommen, wie können Jugendliche ohne Führerschein trotzdem Veranstaltungen und somit soziale Kontakte wahrnehmen?“, wirft sie in die Runde. Es könne nicht sein, dass Jugendliche mit dem Auto in die Stadt fahren, dort Alkohol konsumieren und anschließend wieder mit dem Auto nach Hause fahren. So könnte es irgendwann einmal einen autonom fahrenden Rufbus geben. Im Moment ist jedoch die Technik noch nicht reif für das Land. Die Sorge, dass autonom fahrende Fahrzeuge auf den Straßen unterwegs sind, sei also vorerst unbegründet.

Die größten Sorgen bereitet den Bürgern jedoch die mögliche erhöhte Strahlenbelastung. Claus Wichmann von der Bürgerinitiative „Stoppt 5G“ legte dazu Aussagen von Vertretern der europäischen Union vor. Dem widersprach Dr. Gunde Ziegelberger vom Bundesamt für Strahlenschutz. Das Thema sei durchaus nicht neu, erklärte sie, schon bei den jetzt vorhandenen Mobilfunkstandards sei diese vorhanden. Dabei werden die von der EU gesetzten Grenzwerte nur zu einem geringen Prozentsatz ausgeschöpft. „Die Strahlenbelastung wird durch die Nutzung des Mobiltelefons höher sein, als durch die neue Technik“, so Ziegelberger. Sprich, wer weniger mit dem Handy telefoniert, ist auch weniger belastet.

Vorteile der neuen Technik sieht auch Prof. Dr. Dr. Kurt J-G- Schmailzl, Geschäftsführer vom Center of Connected Health Care. Besonders im medizinischen Bereich könnte sich die neue Technik positiv auswirken. Das führt zu einer besseren und schnelleren Versorgung für die Patienten durch eine bessere Vernetzung der Kliniken untereinander. Da dabei große Datenmengen übertragen werden, sind kürzere Ladezeiten sehr vorteilhaft. Schon jetzt wird Strahlung in den verschiedensten medizinischen Bereichen eingesetzt, sei es dem MRT oder auch bei Augenbehandlungen.

Trotzdem sollten auch die kritischen Stimmen gehört werden, wirft Gemeindevertreter Johannes Blatt ein. Vor allem müsse man Chancen und Risiken genau abwägen. Und sich die Frage stellen: Was bringt uns das auf dem Land? Ist ein autonom fahrender Bus wirklich die Lösung? Johannes Blatt denkt dabei nicht nur an Arbeitsplätze, sondern auch an den persönlichen Kontakt mit dem Busfahrer im Notfall. Deshalb vertritt er die Meinung eines umsichtigen Ausbaus.

Claus Wichmann ist eher für einen Ausbau des Glasfasernetzes, dann hätte jeder eine ausreichende Bandbreite in den eigenen vier Wänden und die bisherigen Standards würden ausreichen. Auch die Landwirte, die heute schon mit moderner Technik arbeiten, können seiner Meinung nach nicht vorgeschoben werden. In Gesprächen hörte Wichmann immer wieder, dass diese auf GPS setzen. Man brauche in der Region vor allem Praktisches. „Wir brauchen Ärzte vor Ort, Pflegekräfte und Handwerker“, so seine Meinung. Man sei auch nicht grundsätzlich dagegen, aber es sollte erst ausgebaut werden wenn man sicher ist, dass es keine gesundheitlichen Schäden gibt. Diese Beweise fehlen Claus Wichmann im Moment. Auch für den Tourismus und den Zuzug von Menschen sieht er den Ausbau von 5G kritisch. Viele kämen in die Region, um dem Strahlungsniveau in den Großstädten zu entfliehen.

Silvia Henning schaut bei dem Thema auch eher in die Zukunft. „Vielleicht brauchen wir 5G für das, was später kommt?“ Es bleibt also nach wie vor ein Restrisiko. „Die Frage ist, ob wir das eingehen wollen“, so Johannes Blatt. Es gibt also noch sehr viel Gesprächsbedarf. Vor allem muss zwingend die Bevölkerung eingebunden werden. „Wir sollten und ganz analog zusammensetzen und uns fragen, was wollen wir eigentlich“, so Silvia Henning. Sie will nun mit der Bürgerinitiative in Dialog treten, öffentliche Workshops anbieten und das Thema noch intensiver in die örtliche Presse tragen. Besonders muss der Begriff Reallabor transparent kommuniziert werden, um keine falschen Vorstellungen in den Köpfen festzusetzen.

Es liegt also noch viel Arbeit und vor allem Redebedarf vor der Gemeinde. Ob es sich dann mit Angela Merkels Worten „Wir schaffen das“ positiv ausgeht, bleibt abzuwarten.

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