“Was bewegt Dich?” – Interview mit Nora Hanf aus Dahnsdorf

Dahnsdorf, Niemegk. Fläming 365 und Zauche 365 fragen 30 Menschen, was sie aktuell besonders bewegt. Unser Ziel ist eine Momentaufnahme des Denkens und Fühlens der Menschen in der Region, insbesondere vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine und der in der Folge auftretenden Probleme und Konflikte. Wir wollen Leserinnen und Leser zum eigenen Nachdenken anregen.

Interviewpartnerin bei diesem Interview ist Nora Hanf, 35 Jahre alt, aus Dahnsdorf, selbständige Kosmetikerin in Niemegk.

Was bewegt Sie im Augenblick?

Sehr, sehr viel. Beruflich wie privat. Die Preise sind in die Höhe geschossen. Ich bin Einzelkämpferin mit meinem kleinen Kosmetikstudio. Es ist alles teurer geworden. Meine Nebenkosten sind gestiegen. Alle Kosten sind ins Unermessliche gestiegen. Ich finde es immer schön, wenn die Leute sagen, ich muss das auf die Kunden umschlagen, aber dann habe ich irgendwann auch keine Kunden mehr. Gerade hier auf dem Land ist es nicht sehr einfach. Ich habe den Laden im September 2021 eröffnet. Wenn ich das alles vorher gewusst hätte, dass nach Corona noch das jetzt kommt, weiß ich nicht, ob ich den Laden heute hätte.
Ich bin froh, dass ich keine Alleinverdienerin bin. Wir sind eine vierköpfige Familie mit zwei Kinder. Früher haben wir unseren Wocheneinkauf mit 100 Euro gemacht. Heute braucht man gar nicht mehr daran denken. Wir kaufen keine Markenprodukte und nichts Besonderes außerhalb der Reihe. Trotzdem ist man locker 150 Euro los. Für meine Kunden sind natürlich auch alle Preise gestiegen. Wenn ich also noch meine Preise erhöhe, kommt keiner mehr.
Über diese Sachen mache ich mir Gedanken. Bei der Fußpflege sagte eine ältere Dame zu mir:

„Wissen Sie, Nora, wir hatten im Osten wirklich nicht alles, aber ich musste mir noch nie Gedanken machen, ob ich den Winter über frieren muss.“

Solche Dinge tun mir sehr leid. Dieser Generation habe ich meinen Wohlstand zu verdanken und jetzt werden die so im Stich gelassen mit ihrer mageren Rente und müssen jetzt sehen, wie sie klar kommen. Wie soll diese alleinstehende ältere Dame ihre 7.000 Euro Heizölrechnung begleichen? Das tut mir so leid. Aber ich kann auch nichts verschenken. Ich habe auch eine Familie … Das ist ein Zwiespalt, der mir ungeheuer leid tut.

Haben Sie Ihre Preise erhöhen müssen?

Die Produktpreise sind bei mir gleich geblieben. In der klassischen Kosmetikbehandlung bin ich 3 Euro teurer geworden. Das wars. Höher kann ich auch gar nicht gehen. Das kann ich vor meinen Kunden auch nicht vertreten. Kunden ziehen mittlerweile ihre Intervalle in die Länge. Die, die früher alle vier Wochen kamen, kommen jetzt alle fünf oder sechs Wochen zur Behandlung. Die Kunden strecken ihre Intervalle, weil überall die Kosten gestiegen sind. Das dicke Ende wird noch kommen, denke ich, was die Kosten betrifft. Da sehe ich noch kein Ende.

Was denken Sie über die Klimaaktivisten?

Zum Thema Klimaaktivisten, alles gut und schön. Klar, es muss etwas gemacht werden. Aber das geht ja nun nicht von heute auf morgen. Es muss auch Leute geben, die sich dafür einsetzen, aber das ist der völlig falsche Weg. Sich irgendwo festkleben oder ein Bild beschmieren, da sehe ich erstens keinen Sinn drin. Und zweitens, was will man damit bezwecken? Überall werden die Atomkraftwerke hochgezogen, in Polen werden die alten Autoreifen verbrannt und wir sind das Land, wo die CO2-Werte zu hoch sind? Das ergibt für mich keinen Sinn. Das ist Blödsinn. Wenn, dann müssten es alle sein und nicht nur Deutschland. In Amerika und Asien ist es doch viel schlimmer als bei uns.

Was denken Sie bezüglich des Ukrainekrieges?

Die Ukraine ist schuld. So wird es doch immer suggeriert. Wenn irgendwo Preissteigerungen sind, wird immer gesagt, aufgrund des Krieges gibt es diese Mehrkosten. Was hat es damit zu tun? Die Preissteigerungen sind doch nur in Deutschland so extrem. Viele meiner Kunden fahren nach Polen, um dort einzukaufen. Da kriegt man noch ein Stück Butter für einen Euro. Die Kosten momentan sind extrem. Und da macht sich jeder privat und geschäftlich Gedanken darüber. Durch Corona sind schon viele kleine Unternehmen kaputt gegangen. Und ich denke, es werden noch mehr kaputt gehen.

Haben Sie Lösungsansätze?

Ich weiß gar nicht, ob es dafür nicht schon zu spät ist. Alles ist so miteinander verzwickt. Ich weiß nicht, ob es da noch irgendetwas zu retten gibt. Wünschenswert wäre, wenn die Preise wieder sinken würden. Ich wäre aber froh, wenn die Steuern mal gesenkt werden würden. Klar kann man sagen, dass wir Deutschen auf hohem Niveau meckern. Da gibt es ganz andere Länder. Aber ich lebe nun einmal in Deutschland. Gott sei Dank läuft mein Geschäft momentan. Ich muss nicht in nächster Zeit schließen. Ich weiß natürlich nicht, was nächstes Jahr kommen mag. Von Anfang an wusste ich, dass ich als Einzelkämpferin mit meinem Kosmetikinstitut nicht reich werde. Aber ich möchte davon meine Kosten decken und auch mal in Urlaub fahren können. Momentan ist aber die Überlegung, ob der Urlaub überhaupt noch möglich ist.

Wie sparen Sie persönlich z.B. Heizkosten ein?

Ich denke, ein normaler Mensch, der schon immer alles alleine bezahlen musste, hat schon immer darauf geachtet zu sparen. Ich habe immer darauf geachtet. Ich war dafür schon immer zu geizig, um das Geld irgendwelchen Konzernen in den Rachen zu schmeißen. Mit zwei Kindern kann man die Bude auch gar nicht kälter machen. Dann habe ich ein krankes Kind, dann kann ich nicht arbeiten gehen, dann kann ich kein Geld verdienen … Das ist ja ein elendiger Rattenschwanz. Den Kindern soll nichts fehlen. Aber man fängt an, bei sich zu sparen. Zum Beispiel gibt es dieses Jahr keine neuen Schuhe mehr. Das ist jetzt aber nicht tragisch. Da gibt es Schlimmeres.

Vielen Dank für das Gespräch.

(Alle Was-bewegt-dich-Interviews auf Fläming 365 findest du HIER. Außerdem empfehlen wir dir auch die entprechenden Interviews auf Zauche 365)


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