Potsdam-Mittelmark. Fläming 365 und Zauche 365 haben alle demokratischen Partien und Wählergruppierungen zur Kreistagswahl angeschrieben und um die Beantwortung von zwölf Fragen gebeten. Leider haben wir nicht von allen eine Antwort bekommen. Vielleicht ist auch etwas schief gelaufen, da wir uns konsequent, um alle gleichberechtig zu behandeln, auf die E-Mail-Adresse der Kreisvorstände verlassen haben, die auf den Webseiten der Parteien und Gruppierungen veröffentlicht sind. Das wäre auch einer der Wege, auf denen man sich an die Parteien wendet. Nichtsdestotrotz veröffentlichen wir hier die Antworten, die wir erhalten haben.
Geantwortet haben BVB/Freie Wähler (durch Winfried Ludwig), die Piratenpartei (durch Andreas Schramm) und die SPD (durch Günter Baaske). DIE GRÜNEN wollten einen Beitrag schicken, haben es dann aber doch nicht geschafft.
Wie bewerten Sie die letzte Wahlperiode? Was haben Sie erreicht? Was haben Sie nicht erreicht?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Zur Beachtung, wir sind keine Partei, sondern die „Brandenburger Vereinigte Bürgerbewegungen/Freie Wähler“, also ein Bündnis selbständiger Wählergruppen.
Da die Wählergruppen aus Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz bisher nicht für BVB/FW im Kreistag vertreten sind, können wir diese Frage nicht beantworten.
Piratenpartei: Wir haben für etwas mehr an Transparenz gesorgt. Nunmehr können auf unsere Initiative hin die Sitzungen des Kreistages im Live-Stream mitverfolgt werden.
Gerne hätten wir auch weitere Verbesserungen beim ÖPNV und im sozialen Bereich vorangetrieben. Angesichts der leeren Kassen des Kreises sind die Möglichkeiten hier aber begrenzt gewesen.
SPD: Wir konnten große Teile unseres Wahlprogramms abarbeiten. Dabei half natürlich, dass wir mit Marko Köhler auch wieder den Landrat stellen. Was die Sanierung von Straßen und Infrastruktur angeht, konnten wir an einigen Stellen viel erreichen, aber es ist offensichtlich, dass gerade im ländlichen Raum noch viel zu tun ist. Dabei denke ich insbesondere an Schulen und Kindergärten, die in den Gemeinden rund um Potsdam doch wesentlich besser ausgestattet sind als im Südwesten des Landkreises. Wir wollen uns für einen Schulbauförderprogramm im Bereich der von Gemeinden/Städten getragenen Schulen einsetzen
Wie soll der Landkreis fit für den Klimawandel werden?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Priorität haben a) klimagerechter Waldumbau (weg von Kiefernforsten, hin zu Mischwäldern), b) ein intelligentes Wassermanagement, welches das Wasser in der Region hält, c) Biodiversität, statt Monokulturen, d) Transporte auf der Eisenbahn statt LKW.
Piratenpartei: Der Landkreis benötigt innovative Impulse. Dafür sehe ich beispielsweise die Einrichtung einer Mobilitätsagentur zwischen Potsdam-Mitttelmark und der Landeshauptstadt Potsdam als zukunftsweisend.
SPD: Da Deutschland bis auf die verbliebenen Kohleflöze keine eigenen Energiereserven hat, bleibt auf lange Sicht nur die Umwandlung der Energie von Sonne und Wind in Strom beziehungsweise durch Elektrolyse auch in Gas und Wärme. Für den Landkreis bedeutet das, dass die Genehmigungsverfahren beschleunigt und die Planung dafür ausgebaut werden muss.
Welche Vorschläge haben Sie für die weitere Entwicklung des ÖPNV im Landkreis?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Der RE 7 sollte alternierend über Potsdam geführt werden.
IC/ICE-Halt in Beelitz-Heilstätten.
Das Problem ist im ländlichen Raum die „letzte Meile“, also das Erreichen entfernter und kleiner Ortslagen. Dies erfordert intelligente Lösungen, wie Bürgerbusse oder Rufbusse/Mitfahrgelegenheiten.
Piratenpartei: Für nennenswerte Verbesserungen des ÖPNV fehlt aktuell schlicht das Geld. Kleinere Verbesserungen sind aus meiner Sicht aber jederzeit machbar. So ist mir etwa unverständlich, dass Fahrräder nicht außerhalb der Stoßzeiten im Bus mitgeführt werden können.
SPD: Wer bei uns im Landkreis an einer Bundesstraße oder am RE7-Streckennetz lebt, ist vergleichsweise gut angebunden. Die Bundesstraßen werden regelmäßig vom Plusbus angefahren, der RE7 fährt inzwischen zweimal die Stunde tagsüber. Viel schlechter sieht es dagegen für die Dörfer im Fläming aus, die über diese Anwendung nicht verfügen. Hier brauchen wir innovative Lösungen, zum Beispiel ein Rufbus- System.
Bleibt es aus Ihrer Sicht bei der Zweistandort-Strategie? Bleibt Bad Belzig nicht nur Landratssitz, sondern auch Verwaltungsstandort?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Der Bau des Kreiszentrums in Beelitz-Heilstätten wird unterstütz und trägt zur Zentralisierung der Standorte/Dienstleistungen bei.
Piratenpartei: Ich bin zurzeit tätig im Ausschuss für Verwaltungsstandorte, Verwaltungsdigitalisierung und Personalentwicklung. Aus meiner Sicht gibt es keine Mehrheit für eine Änderung der Zweistandort-Srategie.
SPD: Auf jeden Fall! Wir werden mit Argusaugen darauf achten, dass der Sitz des Landratsamtes und große Teile der Kreisverwaltung in Bad Belzig bleiben. Belzig ist seit 1828 Sitz des Landratsamtes und wir brauchen hier im Südwesten jeden Arbeitsplatz in der Kreisverwaltung.
Wie soll sich Ihrer Meinung nach die Kreisumlage in den kommenden Jahren entwickeln?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Die Haushaltsbelastung der Städte und Gemeinden darf nicht weiter erhöht werden.
Piratenpartei: Die Kreisumlage muss wieder abgesenkt werden, da die Kommunen jetzt schon am Limit sind.
SPD: Das hängt von der konjunkturellen Entwicklung in ganz Deutschland, aber im Besonderen von der wirtschaftlichen Entwicklung in Potsdam-Mittelmark ab. Wir haben im Norden des Landkreises Gemeinden mit gut gefüllten Stadtsäckeln, im Südwesten jedoch auch viele Gemeinden, den es lange nicht so gut geht. Die Kreisumlage hat auch die Aufgabe, hier einen Ausgleich zu schaffen.
Wie soll es mit dem Kreisentwicklungsbudget weitergehen?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Wenn die Kreisumlage nicht weiter erhöht werden soll, wird eine Erhöhung des Kreisentwicklungsbudgets auch nicht finanzierbar sein.
Piratenpartei: Das Kreisentwicklungsbudget ist zu erhöhen, um den finanziell schwächer aufgestellten Kommunen wenigstens eine Teil-Kompensation der zu hohen Kreisumlage zu ermöglichen.
SPD: Von uns aus sehr gern wieder hoch auf mindestens 3 Millionen €, auch das Kreisentwicklungbudget hat eine ausgleichende Funktion in unserem so unterschiedlich aufgestellten Landkreis.
Die Schulen platzen aus allen Nähten. Wie sollen die Kommunen durch den Landkreis bei der Problemlösung unterstützt werden?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Diese Aussage trifft nicht auf die Gesamtheit des Landkreises zu.
Der Schulentwicklungsplan ist gemäß der regional differenzierten Entwicklung der einzelnen Städte und Gemeinden („Speckgürtel“ / Umlandgemeinden) fortzuschreiben.
Piratenpartei: Der Kreis kann mit Sachmitteln unterstützen, die personelle Ausstattung der Schulen ist Aufgabe des Landes Brandenburg
SPD: Die vom Kreis getragenen Gymnasien haben inzwischen durchweg einen sehr hohen Standard. Alle Investitionen in diese Schulen werden aber von den Gemeinden bezahlt, die die jeweiligen Schüler in diese Schulen entsenden. Wollen diese Gemeinden jedoch in ihre eigenen Oberschulen investieren, so dürfen Sie keine Kredite aufnehmen, wenn ihr Haushalt nicht gesichert ist. Dieser Widerspruch muss aufgelöst werden.
Sollen die Rettungswachen in Kreishoheit bleiben oder an Dritte vergeben werden?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Rettungswachen sind öffentliche Dienstleistungen der Daseinsvorsorge und gehören damit in öffentliche Hand / Kreishoheit.
Piratenpartei: Damit der Kreis koordiniert handeln kann, müssen die Rettungswachen unbedingt in der Hoheit des Kreises bleiben.
SPD: Das Rettungsdienstgesetz regelt, dass die Landkreise verantwortlich sind für die Investitionen. Wer letztlich die Rettungswache betreibt, verstehen wir nicht als ideologischen Streitpunkt. Sondern lediglich als Frage der Fachlichkeit. Wir haben in den letzten Jahren gute Erfahrung mit den freien Rettungsdiensten gemacht. Warum sollten wir das aufgeben?
Welche Vorschläge haben Sie für mehr Mitsprachemöglichkeiten für Jugendliche? Sollte beispielsweise ein Jugendparlament gegründet werden?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Dort, wo es von den Jugendlichen gewollt ist, sollten Jugendparlamente oder Vergleichbares geschaffen/gefördert werden. Dafür bilden öffentlich getragene Jugendklubs einen zentralen Ausgangspunkt, der materiell und personell zu stärken ist.
Ebenso ist die Familien- und Seniorenarbeit aus dem öffentlichen Haushalt (ggf. gesonderte Stelle) zu fördern.
Piratenpartei: Vor Kurzem wurde bereits ein Kinder- Jugendbeirat auf Kreisebene gegründet. Die Jugendlichen haben jetzt ein Rede- und Vorschlagsrecht im Kreistag. Ich freue mich auf einen regen Austausch mit den Jugendlichen.
SPD: Wir würden es sehr begrüßen, wenn sich viele Jugendliche finden, die in einem Jugendparlament mitwirken wollen. Jeder Rat der jungen Leute sollte von uns Abgeordneten im Kreistag abgewogen und mit den jungen Menschen diskutiert werden.
Wie wollen Sie die Teilhabe der ausländischen Mitbürger stärken?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Hierfür gibt es bereit heute viele positive Beispiele, wie „Flüchtlingskaffees“.
Im Mittelpunkt der Teilhabe sollte die Sprachausbildung und die Schaffung von Ausbildungs-/Arbeitsmöglichkeiten stehen.
Das Bekenntnis zum Grundgesetz ist zwingende Voraussetzung für eine Teilhabe.
Piratenpartei: Der Kreistag hat in der laufenden Wahlperiode einen ersten Schritt zur Stärkung des Integrationsbeirates unternommen. Ausländische Mitbürger können nunmehr ihre Vertretung selbst wählen. Im zweiten Schritt ist es erforderlich, den Beirat personell und finanziell gut auszustatten.
SPD: Teilhabe erfolgt in erster Linie durch Integration in Arbeit. Dabei sollte nicht zu sehr entscheidend sein, wie gut jemand Deutsch spricht. Es geht ja nicht nur um Fachkräfte, Deutschland braucht auch viele Arbeitskräfte. Und viele Flüchtlinge würden lieber heute als morgen bei uns in Deutschland arbeiten gehen als täglich um irgendwelche Almosen und Erlaubnisse zu bitten.
Wie stehen sie zu einen Behindertenbeirat, und wer soll dort Mitglied sein?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz: Wenn der Stand noch aktuell ist, gab es lt. MAZ vom 22.08.2023 in Potsdam-Mittelmark seit Jahren keinen aktiven Behindertenbeirat.
Dies ist ein offensichtliches Versagen der politischen Kräfte im bisherigen Kreistag, der Kreisverwaltung / Behindertenbeauftragten.
Dieser Zustand ist schnellst möglich durch Einbeziehung Aktiver aus dem Kreis der Betroffenen, Familienangehörigen und Sozialarbeitern zu verbessern.
Piratenpartei: Ich begrüße jede Stärkung des bestehenden Behindertenbeirats. Ebenso wie beim Integrationsbeirat, sollen die Betroffenen ihre Mitglieder selbst wählen können.
SPD: Behindertenbeiräte haben in anderen Gemeinden und Landkreisen schon große Dienste vollbracht. Sie können für Verwaltung und Parlament Motor und Antrieb sein. Auf jeden Fall sollten in einem solchen Beirat mehr Menschen mit Behinderung als Betroffene sitzen, als Vereine und Träger, die mit behinderten Menschen arbeiten.
Welche weiteren Schwerpunkte setzen Sie für die kommende Wahlperiode?
BVB/Freie Wähler Treuenbrietzen/Niemegk/Amt Brück und Beelitz:
- Nachhaltigkeit hat oberste Priorität, d.h. Umweltschutz und gesunde Finanzen stehen im Mittelpunkt.
- Bezahlbarer Wohnraum vorrangig für die jüngere und ältere Generation ist auf öffentlichen Liegenschaften zu errichten.
- Industrieanlagen (z.B. Windkraftanlagen) gehören nicht in Wälder. Solaranlagen auf landwirtschaftlichen Flächen sind nur als Agri-PV-Anlagen zu entwickeln.
- Generationengerechtgkeit ist zu sichern. Dazu zählen die Kinder- und Jugendbetreuung, aktive Familienpolitik und öffentlich geförderte Seniorenarbeit.
- Waldbrandschutz hat hohe Priorität.
- Freiwillige Feuerwehr und Sicherheitspartner finden unsere ungeteilte Unterstützung. Das schließt Achtung und Respekt vor Ordnungs- und Rettungskräften ein!
- Der Gesundheitssektor ist insbesondere durch Ansiedlung von Fachärzten zu stärken.
- Hausbesuche von Ärzten sind essentiell und zu fördern.
- Digitalisierung und Ausbau von Online-Angeboten sind unter Beachtung der Bedürfnisse der älteren Generation zu entwickeln und umzusetzen. „Offline-“Angebote sind zu erhalten.
- Die Ansiedlung von Handwerkern, wie Schuhmachern und Reparatur-Dienstleistern (zur Förderung der Nachhaltigkeit) ist durch öffentliche Mittel gezielt zu fördern.
- Örtliche Kulturangebote sind zu sichern und weiter auszubauen.
- Der ÖPNV ist durch Initiativen, wie zum RE 7 auszubauen. Der RE 7 sollte alternierend über Potsdam geführt werden.
- In jedem Ortsteil ist ein Bürgerhaus zu schaffen und zu einem Magnet für die Ortsteil-/ Vereinsarbeit zu entwickeln.
Piratenpartei: Unsere Demokratie ist durch das Erstarken von Rechtsextremisten gefährdet. Mein Herzensprojekt ist es daher, dem Erstarken der Nazis im Kreistag von Potsdam-Mittelmark entgegenzutreten und sie nicht weiter in die Mitte der Gesellschaft zu lassen.
SPD: Wir blicken mit großer Sorge auf unser Kreiskrankenhaus in Bad Belzig. Dieses Haus hat es in den letzten Jahren nie leicht gehabt. Die Trägerwechsel waren schon eine große Herausforderung, ständige Reformen stellten es immer wieder von neue Schwierigkeiten. Hoffentlich kann es mit der neuen Reform noch besser gelingen, ambulante und stationäre Strukturen zu vernetzen, umso gemeinsam mit den niedergelassenen Ärzten der Region die Versorgung für unsere Flämingbürger abzusichern.
(Artikelfoto: So stellt sich ChatGPT die Wahl zum Kreistag Potsdam-Mittelmark vor.)
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