20 Jahre Infocafe

Bad Belzig. Das Bad Belziger Infocafe „Der Winkel“ ist aus dem Stadtbild nicht mehr wegzudenken. In diesem Jahr feiert es sein 20jähriges Bestehen mit einem Straßenfest während des Altstadtsommers. Viele Unterstützer, Mitglieder des Vereins, Helfer und Gäste hatten sich eingefunden, überbrachten Glückwünsche und erzählten, wie es damals angefangen hat. Besonders gefreut haben sich die Vorsitzende Franziska Strencioch und ihre Mitstreiter über das Geschenk von Bürgermeister Roland Leisegang. Endlich bekommen sie den lang ersehnten A3 Drucker. Im Gegenzug bekamen die Helfer und Unterstützer des Vereins und des Cafés ebenfalls eine kleine Aufmerksamkeit.

Das Infocafe war und ist ein verlässlicher Partner in der Region für Integration und Zusammenleben. Im Gegensatz zu Städten wie Cottbus oder Rathenow hat man es hier zu etwas gebracht. Das betonten alle Gratulanten immer wieder. Stets gibt es neue Projekte, es werden immer wieder andere Themen für Veranstaltungen und auch Lesungen gefunden. Das Zeichen des Cafés ist der rote Winkel. Dieser hat mehrere Bedeutungen. Wer sich erinnert weiß, dass das Cafe erst genau auf der Ecke zur Ernst-Thälmann-Straße in einer ehemaligen Bäckerei ansässig war. Damals dachten viele: Was soll das jetzt? Na ob das was wird? Aber es wurde. So ist die Ecke einmal in dem roten Winkel enthalten.

Einige meinten, gerade der rote Winkel sei zu kommunistisch, hatte man sich in den 90 er Jahren doch gerade erst an die neue Gesellschaftsordnung gewöhnt. Die Gründer sahen das jedoch völlig anders und viele sagten auf Grund dieser Meinung aus der Bevölkerung: Nun machen wir erst recht mit und weiter. Denn mit dem roten Dreieck wurden zur Nazizeit auch die politischen Häftlinge in den Konzentrationslagern gekennzeichnet. Unabhängig von ihrer Herkunft, Parteizugehörigkeit und Einstellung wurden sie auf Grund ihres antifaschistischen Widerstandes verhaftet, viele von ihnen überlebten das KZ nicht. So sieht das Infocafe mit seinen Mitstreitern es auch heute wieder als notwendig an, Zivilcourage gegen den Rechtsextremismus zu zeigen. Nachdem endlich eine Firma gefunden wurde, welche die Winkel produziert, sind diese wieder im Infocafe erhältlich. Auf der Feier bekam jeder Anwesende einen solchen als Geschenk.

Aber es wurde auch Rückschau gehalten, wie alles begann. Ramona Stucki, eine der Mitbegründerinnen, erzählte über die Anfänge. Damals herrschte eine andere Atmosphäre als heute. Die ersten Flüchtlinge kamen nicht aus Afrikanischen Ländern, sondern aus Bosnien. Teilweise waren sie weitab vom Schuss untergebracht, hatten also keine Möglichkeit, sich zu integrieren. Es war ein großes Befremden da, welches Ramona Stucki aus eigenen Erfahrungen als Bewohnerin des ZEGG kennt. Die soziale Situation war schwieriger, viele hatten kurz nach der Wende ihren Job verloren. Kinder rotteten sich zusammen und taten genau das, was sie oft im Elternhaus NICHT vermittelt bekommen haben. Aber in einer kleinen Stadt wie Bad Belzig kennt man sich natürlich. Das war für Ramona Stucki und andere der Grund, aktiv zu werden.

Es wurde ein Arbeitskreis „Infocafé“ gegründet und gemeinsam mit dem „Belziger Forum“ Gedanken ausgetauscht. Die Initiatoren, von denen viele nicht mehr leben, kamen aus der gesamten Region. Kirchen und Parteien, unabhängig ihrer sonstigen Ansichten, haben sich engagiert, so dass ein starkes Netzwerk gegründet werden konnte. Auch die Stadt gab eine klare Stellungnahme gegen rechts ab. Man bekam nationale und auch internationale Unterstützung. Auch Firmen halfen, wie die B.B.S.M.. Die B.B.S.M. Brandenburgische Beratungsgesellschaft für Stadterneuerung und Modernisierung mbH ist ein Beratungs- und Planungsbüro mit wichtigen Kernkompetenzen in der Beratung und Unterstützung von öffent­lichen Auftraggebern des Landes Brandenburg in Fragen der Stadt- und Projektentwicklung und bei der Sanierung von Gebäuden. Die Firma ist seit mehr als 25 Jahren im Land Brandenburg etabliert und hat sich spontan bereit erklärt, die monatliche Kaltmiete des Cafés zu übernehmen. Sie hatte einen Zeitungsartikel über das Projekt gelesen und wollten gern ein solches Projekt unterstützen. Bis heute sind sie mit im Boot.

Als die erste Flüchtlinge aus Afrika ankamen, gehörte Buddy zu ihnen. Er beteiligte sich aktiv an der Arbeit im Café. „Das ist der einzige Ort, an dem ich mich willkommen fühle“, sagte er damals.

Heute ist das Café ein Begegnungsort für alle, nicht nur für Flüchtlinge. Und inzwischen wurden viele neue Freundschaften geschlossen.

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