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Benken: Nähen für Sternenkinder

Benken. Es kommt immer wieder vor, dass eine Schwangerschaft frühzeitig endet. Nicht immer ist das Baby auch lebensfähig.

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so etwa sieht ein Mosekörbchen aus

Es wird ein Sternenkind. Früher sagte man zu solchen Situationen Totgeburt oder Fehlgeburt. Das hört sich jedoch ziemlich deprimierend an, besonders für die Eltern, die nun ohne Baby im Arm die Klinik verlassen werden. „Es ist eigentlich auch sachlich nicht richtig“, sagt Felicitas Haupt, Seelsorgerin im Klinikum Brandenburg. „Denn es war ja Leben im Bauch der werdenden Mutter und falsch gemacht hat auch niemand etwas“, ist ihre Meinung. Da ist der Begriff „Sternenkinder“, der sich im Laufe der Zeit entwickelt hat, tröstlicher. Zu Anfang war auch der Begriff „Schmetterlingskinder“ gebräuchlich. Davon sah man aber bald ab, da es auch eine gleichnamige Krankheit gibt. Der Name „Sternenkinder“ geht auf Worte des kleinen Prinzen aus dem gleichnamigen Buch von Antoine de Saint-Exupéry zurück. So fand man einen Begriff, der zwischen Himmel und Erde schwebte. Man sagt auch: nicht ins Leben geborene Kinder.

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ein kleines Schiffchen

Auch der Umgang mit diesen Situationen hat sich verändert. Seit 2019 müssen Eltern, deren Kind mehr als 500 g gewogen hat, selbst für die Bestattung sorgen. Bei allen, die weniger Gewicht hatten, können die Eltern bestatten, müssen es aber nicht. Früher hat man die nicht lebensfähigen und Frühgeburten über den Klinikabfall „entsorgt“, was für viele Eltern das Grausamste war. Jetzt gibt es Möglichkeiten. Das Klinikum Brandenburg sieht es als seine ethische Verpflichtung an, alle Sternenkinder zu bestatten – unabhängig davon, ob die Eltern dabei sein wollen oder nicht. Für manch einen wäre das zu schmerzhaft, andere dagegen wünsche sich einen richtigen Abschied. Aber man wollte die kleinen Wesen auch nicht einfach in ein Mulltuch stecken. Es sollte ein würdevoller Abschied sein.

Durch persönliche Kontakte kam Felicitas Haupt auf die Nähgruppe in Benken. Diese gibt es jetzt seit mehr als drei Jahren. Als die Anfrage kam, etwas für die Sternenkinder zu nähen, waren alle sofort dabei. „Für uns war das eine Ehrensache“, sagte Heidi Jöchen. Die Frauen haben sich viel Gedanken gemacht, wie alles aussehen soll und welchen Stoff sie verwenden wollen. Besonders innen sollte es schön kuschlig sein. So entstanden winzig kleine Umhänge mit Kapuze, kleine Schiffchen und anderes, in dem die Sternenkinder bestatten werden. Zu jedem Stück wurde auch ein kleines Herzchen aus dem gleichen Stoff genäht, welches die Eltern als Erinnerung behalten können.

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Die Frauen zeigen ihre Arbeiten

Die Frauen haben in verschiedenen Farben und Größen genäht. So ein kleines Wesen, welches im 4. Schwangerschaftsmonat den Bauch der Mama verlassen muss, wiegt etwa 60 bis 70 Gramm. Im Brandenburger Klinikum gibt es dann sogenannte Mosekörbchen, gehäkelt oder auch gestrickt. In diese können die Eltern ihr Sternenkind hinein legen und es so auch in der Hand halten. Im Klinikum werden die Kleinen richtig aufgebahrt, so dass auch die Familienangehörigen Abschied nehmen können. Zur Beerdigung kommen die Sternenkinder in kleine Säge, kleiner als ein Schuhkarton. Diese können vorher bemalt werden und es können auch kleine Dinge mit hinein gelegt werden. Zusätzlich gibt es die sogenannte Balduinsbox. Ideengeber ist eine Familie, die auch dieses Schicksal erleiden musste und ihren Sohn Balduin getauft hatten. Darin können Erinnerungsstücke aufbewahrt werden. Diese Boxen kann Felicitas Haupt bestellen, sie müssen aber noch bemalt werden. So ist sie immer auf der Suche nach Menschen, die so etwas ehrenamtlich machen möchten. Derzeit hat sie eine Frau gefunden, die aus den Boxen kleine Kunstwerke zaubert. So sorgen Frauen für Frauen und helfen so, das Schicksal zu tragen.

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Das Schiffchen mit dem Sternenkindwird in das Körbchen gelegt

In Brandenburg gibt es auf dem Friedhof eine Stelle, die Beerdigungen von Sternenkindern vorbehalten ist. Alle Eltern von Sternenkindern werden benachrichtigt, wenn eine solche Beerdigung ist, es sei denn sie wollen es nicht. Aber trotzdem werden alle beerdigt. Für jedes Kind wird eine Kerze angezündet, wenn die Eltern nicht dabei sind, übernimmt das jemand anderes. Es ist eine Würdigung dieses Lebens, das noch gar nicht begonnen hatte.

(Artikelfoto: v.l.n.r. Lucile Hoffmann, Roswitha Hoffmann, Heidi Jöchen, Felicitas Haupt)

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