Brandenburg ’33 – Audiowalk in Bad Belzig

Bad Belzig. Am 30. Januar 1933 ernannte Reichspräsident Paul von Hindenburg Adolf Hitler zum Reichskanzler. Damit war das Ende der Weimarer Republik besiegelt, es begann die Zeit des Nationalsozialismus.

audiowalk,brandenburg 33,bad belzig,nationalsozialismus auf dem landeSeit diesem Zeitpunkt war Deutschland eine Diktatur. In den Städten jubelten die Menschen Hitler massenweise zu. Aber wie sah es auf dem Land aus? Wie konnte Hitler dort seine Ideen umsetzen? Welche Ereignisse bleiben in steter Erinnerung? Darüber gibt der neue Audiowalk Auskunft.

Bereits im Jahr 2013 entwickelte das Aktionsbündnis Brandenburg in Kooperation mit der Agentur für Bildung – Geschichte, Politik und Medien und dem Moses Mendelssohn Zentrum für europäisch-jüdische Studien e. V. eine  Webseite zu diesem Thema. Sie basierte sie auf lokalen Ereignissen, die aus ganz Brandenburg zusammengetragen wurden. Diese mehr als 200 Ereignisse zeigen, dass die Durchsetzung des Nationalsozialismus von Beginn an von Gewalt, Terror und Einschüchterung geprägt war.

„Jetzt, 10 Jahre später, wurde die Webseite überarbeitet und ihr eine neue Gestalt gegeben. Zusätzlich wurden zusammen mit der Agentur für Bildung – Geschichte, Politik und Medien acht Städte in Brandenburg ausgewählt und mit Hilfe der vorliegenden Beiträge, aber auch durch weitere Recherchen in den Archiven und vor Ort, acht Audiowalks entwickelt. Sie berichten von nationalsozialistischen Überzeugungstäter*innen und ihren ersten Opfern: den Jüdinnen*Juden und den politischen Gegner*innen aus SPD und KPD. Im Blickpunkt steht aber auch, welche Entscheidungen verschiedene Menschen vor Ort in dieser Zeit trafen und wie sie sich im Angesicht des NS-Terrors verhielten“, heißt es auf der Website.

audiowalk,brandenburg 33,bad belzig,nationalsozialismus auf dem lande
Zuerst war Bad Belzig gar nicht dabei. Nach weiteren Recherchen und Hinweisen stieß man auf das Buch von John Shreve Gleichschaltung. Die nationalsozialistische Revolution 1933 auf dem Land“. Er beschäftigt sich darin der mit der Zeit des Nationalsozialismus im südwestlichen Raum von Berlin. So ist Bad Belzig in die Liste der Audiowalks nachgerückt.

Am vergangenen Dienstag startete der erste Testlauf. Die Akteure unter Leitung von Maica Vierkant, Mitarbeitern des Infocafés der Winkel, Florian Görner, aber auch John Shreve und Stadtführerin Inge Richter liefen gemeinsam die einzelnen Stationen ab. Die Audiosequenzen können vorher auf

https://brandenburg-33.de/badbelzig/

heruntergeladen werden. Dort gibt es auch eine Karte mit den Orten und deren Stationen. In Bad Belzig gibt es sechs davon. Der Rundgang beginnt in der Sandberger Straße 10. Dort  befand sich 1933 – als Hausnummer 16 – „Herrnbergs Warenhaus“ von Rudi und Ida Sachs. Am 1. April 1933 wurde ihr Geschäft boykottiert. Stolpersteine vor dem Gebäude erinnern an Rudi und Ida Sachs. In die Audiodatei fließen auch Erinnerungen Angehöriger ein, teilweise sehr bewegende Äußerungen. Auch die ländliche Politik war betroffen. Im Rathaus am Markt kamen am 12. März 1933 erstmals die neu gewählte Stadtverordnetenversammlung zusammen. Mehrere Abgeordnete von SPD und KPD wurden aus dem Parlament ausgeschlossen und einige von ihnen in Konzentrationslagern inhaftiert. Auch vor der Kirche machte der Nationalsozialismus keinen Halt.

Es war ein wirklich bewegender und zugleich informativer Rundgang, den man wirklich machen sollte. Viele Teilnehmer erfuhren bisher unbekannte Dinge. Und auch Inge Richter hat für ihre Gäste der Stadtführungen jetzt ein zusätzliches Angebot.

Interview mit Maica Vierkant vom Aktionsbündnis Brandenburg

Das folgende Interview ist auch mit Unterstützung von zwei Künstlichen Intelligenzen entstanden. Aus einer Audiodatei wurde Text und aus dem Text ein gut lesbares Interview. Das eigentliche Interview fand selbstverständlich zwischen Menschen statt. Die Endbearbeitung lag bei der Autorin. Ermöglicht wird uns diese effektivere Arbeit durch die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (mabb). Alle Artikel, bei denen KIs zum Einsatz kommen, kennzeichnen wir mit “KI” im Artikelbild.

audiowalk,brandenburg 33,bad belzig,nationalsozialismus auf dem lande

Wie entstand die Idee für diese Rundgänge?

Maica Vierkant: Diese Rundgänge gehören zu dem Projekt “Brandenburg 33 – Erinnern vor Ort. Das Projekt entstand im Jahr 2013 zum 80. Jahrestag der Machtübertragung an die NSDAP. Es war eine Kooperation zwischen dem Aktionsbündnis, dem Moses Mendelssohn Zentrum für Antisemitismusforschung in Potsdam und der Agentur für Bildung aus Berlin.

Damals wurde eine Website erstellt, auf der über 200 Ereignisse aus ganz Brandenburg auf einer Karte gesammelt wurden. Jedes Ereignis wurde mit einem kleinen Ausschnitt aus einer Lokalzeitung dargestellt. Das Projekt geriet jedoch etwas in Vergessenheit, aber die Website existierte noch, funktionierte aber nicht mehr richtig. Dann kam das Jahr 2023, also zehn Jahre später, zum 90. Jahrestag der Machtübertragung. Ich dachte mir, es wäre schade, diese Art von “Internetfriedhof” einfach brachliegen zu lassen. Wir wollten etwas damit machen. Allerdings wollten wir nicht nur die Website neu auflegen und technisch verbessern, sondern auch ein neues Element hinzufügen.

So entstand die Idee, diese Informationen aus dem Internet mit der realen Welt zu verbinden. Und so kamen wir auf den Gedanken der Audioworks. Wir hatten bereits eine Basis an Ereignissen und Orten und konnten darauf aufbauen. Das war sozusagen der Ausgangspunkt für das Projekt.

Haben Sie das jetzt alleine umgesetzt oder haben Sie sich Partner für die Umsetzung gesucht, wie hier zum Beispiel in Bad Belzig, jetzt das Infocafe.

Maica Vierkant: Vielleicht erst einmal ganz kurz, wie wir die Orte ausgesucht haben. Wir haben die Basis von dieser alten Website genommen und haben geguckt, in welchen Orten, die einigermaßen auf Brandenburg verteilt sind, gibt es eine gute Vorarbeit. Danach haben wir die tatsächlich relativ pragmatisch ausgesucht. Das waren zuerst acht Orte, Bad Belzig war anfangs nicht dabei. Und dann haben wir uns mit der Agentur für Bildung zusammengesetzt, mit der wir das Projekt ursprünglich zusammen gemacht haben und haben Manuskripte für diese Audioworks erarbeitet. Das funktioniert natürlich nur mit Leuten, die Ortskenntnis haben. Da haben wir immer mit Initiativen vor Ort zusammengearbeitet, und mit dieser Erfahrung haben wir jetzt hier in Bad Belzig das auch aufgebaut.

Bad Belzig ist sozusagen nachgerückt. Also die anderen acht wurden im Januar dieses Jahres veröffentlicht. Ein Vorstandsmitglied in unserem Aktionsbündnis hat mich darauf hingewiesen, dass es das Buch von John Shreve gibt über das Jahr ’33 in Belzig. Das haben wir uns angeschaut und haben gedacht: Das ist ja super, da ist schon ganz viel da und es ist sehr ähnlich zu unserer Idee. Dann habe ich mich mit John getroffen. Und so hat der Audiowalk langsam konzeptionell seine Form angenommen. Alles Weitere haben wir wieder mit der Agentur für Bildung zusammen gemacht. Besonders unterstützt hat uns die Historikerin Katharina Trittel, die mit uns zusammen das Manuskript erarbeitet hat, und so ist es dann Belzig entstanden.

Also sind Sie im Prinzip die Orte abgelaufen, an denen bestimmte Ereignisse stattgefunden haben oder wo Juden gewohnt haben?

Maica Vierkant: Ja, das stimmt. Wir haben uns tatsächlich die Orte angesehen, an denen bestimmte Ereignisse stattgefunden haben oder wo Juden gelebt haben.

Für die meisten Leute ist natürlich interessant, welche technischen Voraussetzungen ich brauche. Brauche ich ein Smartphone? Das ist meiner Meinung nach unverzichtbar.

Maica Vierkant: Ja, mit einem Smartphone funktioniert es am besten. Man kann den Audiowalk entweder vorladen oder direkt online anhören und von Station zu Station springen. Aber theoretisch kann man den Audiowalk auch auf einen P3 Player herunterladen, wenn man zum Beispiel kein Internet hat. Es gibt eine Onlinekarte auf unserer Website, auf der die Stationen eingezeichnet sind, mit kurzen Beschreibungen und Fotos. Wir haben auch gedruckte Faltblätter an viele Orte in Bad Belzig geschickt, um es einfacher zu machen. Aber im Grunde genommen reicht es aus, die Website zu kennen und ein Telefon zu haben. Vielleicht ist ein Kopfhörer praktisch, wenn man alleine unterwegs ist.

Und dann steht man praktisch vor dem Haus und sieht auf dem Handy, dass das die richtige Station ist. Dann drücke ich auf den Play-Button und höre, was dort passiert ist.

Maica Vierkant: Genau, am Anfang gibt es bei jedem Audio einen gleichen Intro-Beitrag, der erklärt wie alles funktioniert. Am Ende jedes Audiowalks gibt es noch einen etwas längeren Beitrag, der den historischen Hintergrund näher erläutert. Man kann sich das entweder am Anfang oder am Ende anhören. Das ist unabhängig von den einzelnen Stationen und richtet sich an diejenigen, die historisch interessiert sind.

Views: 46

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Login
Jeder veröffentlicht seins.

Deshalb freuen wir uns sehr, dass du mitmachen möchtest. Bevor du jedoch auf Fläming 365 Artikel veröffentlichen kannst, musst du dich registrieren lassen. Das dient deiner und unserer Sicherheit. Fülle deshalb bitte das folgende Formular aus: